Geschlechtsidentität und Rationalitätskonzeptionen : eine Problemübersicht
Titelübersetzung:Sexual identity and rationality conceptions : a problem overview
Autor/in:
Harding, Sandra
Quelle: Denkverhältnisse: Feminismus und Kritik. Elisabeth List (Hrsg.), Herlinde Studer (Hrsg.). Frankfurt am Main: Suhrkamp (Edition Suhrkamp , Neue Folge), 1989, S. 425-453
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Inhalt: In dem Beitrag wird der geschlechtsspezifischen Verteilung von Rationalistätskonzeptionen nachgegangen. Dabei dienen die Ausführungen dazu, einige Bausteine zur Untermauerung der sich aus einigen feministischen erkenntnistheoretischen Ansätzen ergebenden Hypothese zu liefern, daß die spezifisch männliche Perspektive, die bislang den Begriff der "menschlichen Rationalität" definiert hat, nicht nur einseitig, sondern in gewisser Weise "pervers" ist. Es wird darauf eingegangen, daß die mit der bürgerlichen Gesellschaft, mit liberalen politischen Theorien und mit Wissenschaft assoziierten Rationalitätsmodelle spezifisch moderne Formen der Rationalität sind. Warum diese modernen Formen deutlich maskulinere Züge aufweisen als die Rationalitätsmodelle vormoderner Gesellschaften, ist der Gegenstand der Forschung. Es wird dargestellt, wie die philosophischen Fragen über die Angemessenheit der Rationalitätskonzeptionen aus der wachsenden Einsicht entstanden sind, daß man Frauen als Erkenntnisobjekte nicht einfach dem existierenden Korpus des Wissens über soziale und natürliche Prozesse hinzufügen kann. Ein Überblick über die Ergebnisse zweier Bereiche empirischer Forschung zeigt den geschlechtsspezifischen Charakter der herrschenden Konzeptionen rationaler Überzeugung und rationalen Handelns. Einige Implikationen, die diese neuen Forschungen für die traditionelle und zeitgenössische Rationalitätsdebatte in der Philosophie haben, werden abschließend diskutiert. (ICA)
Schlagwörter:Feminismus; Theorie; Rationalität; Konzeption; Weiblichkeit; Männlichkeit; Geschlechtsrolle; Identität; Sexismus
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Geschlechtsspezifische Sozialisation : neuere Beiträge und Perspektiven zur Entstehung des "weiblichen Sozialcharakters"
Titelübersetzung:Gender socialization
Autor/in:
Gildemeister, Regine
Quelle: Soziale Welt : Zeitschrift für sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis, Jg. 39 (1988) H. 4, S. 486-503
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Inhalt: Dieser Aufsatz setzt sich mit verschiedenen jüngeren Beiträgen zur Theorie der geschlechtsspezifischen Sozialisation in westlichen Industriegesellschaften auseinander. Grundtenor ist dabei, daß Geschlechtsunterschiede im Verhalten keineswegs unmittelbar den biologischen Unterschieden entsprechen, sondern sich aus sozialen Bedeutungszuweisungen ergeben. Diese werden während des Sozialisationsprozesses erlernt und internalisiert, so daß sie zunächst als "naturgegeben" erscheinen. Trotz Flexibilisierung der Geschlechterrollen, ist die Ausbildung der Geschlechtsidentität bei der Frau sehr konflikthaltig, da Veränderungen auf der Oberfläche der Rollenzuschreibungen nicht gekoppelt sind mit einer realen Öffnung von Handlungsspielräumen. Vielfach verschleiern Selbstbehauptungsversuche die grundlegende Binarität der Geschlechterverhältnisse. (BB)
Inhalt: "Starting from current debates about differences of sex and gender, the paper discusses a number of recent contributions to the theory of gender socialization. The background assumption is that gender differences are not direct reflections of biological facts; rather, they are to be understood as binary social constructions which are internalized as 'natural' during the process of socialization. The majority of recent work on gender socialization fails to give full credit to this insight. As a consequence, empirically observable differences of gender socialization tend to be unduly reified." (author's abstract)
Schlagwörter:Geschlechtsrolle; Industriegesellschaft; Rollenzuschreibung; Rollenverständnis; Rollenverteilung; Rollenwandel; sozialer Prozess; Emanzipation
CEWS Kategorie:Bildung und Erziehung, Geschlechterverhältnis, Frauen- und Geschlechterforschung
Dokumenttyp:Zeitschriftenaufsatz
Führung ist männlich : der Geschlechtsrollen-Bias in der psychologischen Forschung
Titelübersetzung:Leadership is masculine : the gender role bias in psychological research
Autor/in:
Kruse, Lenelis
Quelle: Gruppendynamik : Zeitschrift für angewandte Sozialwissenschaft, Jg. 18 (1987) H. 3, S. 251-267
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Inhalt: "Der Artikel versucht zu zeigen, daß die enge Assoziation zwischen 'Führer-Sein' und 'Mann-Sein' nicht nur ein Merkmal der Identität des Mannes ist, sondern wesentlich das Schicksal von Frauen, die in Führungspositionen sind oder diese anstreben, mitbestimmt. Die Forschung zeigt, daß das 'männliche Forschungsmodell' zum Maßstab wird für die Wahrnehmung und Beurteilung von Frauen in leitenden Positionen durch ihre männlichen und weiblichen Mitmenschen und das Selbstverständnis derartiger Frauen beeinflußt, die sich mit dem Rollendilemma zwischen 'Frau-Sein' und 'eine-Führungsposition-Haben' auseinandersetzen müssen. Es wird außerdem argumentiert, daß die herkömmliche Führungsforschung in besonderer Weise dazu geeignet ist, den 'Geschlechter-Bias' psychologischer Forschung deutlich zu machen." (Autorenreferat)
Schlagwörter:Führungskraft; Geschlechtsrolle; berufstätige Frau; Führungsstil; berufliches Selbstverständnis; Psychologie
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Zeitschriftenaufsatz
Kinder, Küche - Kopfarbeit : umstrittene Wissenschaft vom Haushalt
Titelübersetzung:Children, kitchen - brain work : disputed science of households
Autor/in:
Methfessel, Barbara; Thiele-Wittig, Maria
Quelle: Lila Schwarzbuch: zur Diskriminierung von Frauen in der Wissenschaft. Anne Schlüter (Hrsg.), Annette Kuhn (Hrsg.). Düsseldorf: Schwann-Bagel (Geschichtsdidaktik), 1986, S. 196-212
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Inhalt: Es wird bei der weit verbreiteten Auffassung angesetzt, daß die Haushaltswissenschaft sich wie kein anderer Zweig der Wissenschaft am Leitbild der Frau als der guten Hausfrau, Gattin und Mutter orientiert. Diskriminierungen der Frau werden dabei auf verschiedenen Ebenen beobachtet: (1) bei der beabsichtigten und unbeabsichtigten Festlegung der Frau auf bestimmte Geschlechtsrollen, (2) bei der Geringschätzung des Faches im Rahmen der gesamten universitären Wissenschaften und (3) in der abwertenden Haltung gegenüber den Frauen in der Wissenschaft, denn dieses Fach wird traditionell von Frauen vertreten. Es wird nachgewiesen, daß die Entwicklung der Haushaltswissenschaft und der Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau auf konkreten patriarchalischen und ökonomischen Interessen beruht, die die Frauen auf eine tragende Rolle in der Reproduktion der Bevölkerung, der Familie und der Arbeitskraft des Mannes festlegten. Die Arbeit zeigt, daß das Idealbild der guten Hausfrau als Frauenbild auch in der gegenwärtigen Haushaltswissenschaft noch nachwirkt, allerdings in veränderter Form und abgeschwächt durch Rationalitäts- und Realitätsanforderungen. (HA)
Schlagwörter:Frauenbild; Einstellung; Diskriminierung; Haushaltswissenschaft; Hochschullehrer; Hausfrau; Hausarbeit; Geschlechtsrolle
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Geschlechtliche Differenzierung und Geschlechterklassifikation
Titelübersetzung:Sexual differentiation and gender classification
Autor/in:
Tyrell, Hartmann
Quelle: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 38 (1986) H. 3, S. 450-489
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Inhalt: Der Aufsatz analysiert das Geschlechterverhältnis im Rahmen einer Theorie sozialer Differenzierung. Die Entwicklung der Differenzierungstheorie wird dabei berücksichtigt, von Simmel bis Luhmann. Unter diesem Dach werden aber auch einige andere Theorietraditionen in die Betrachtung integriert, vor allem die auf Durkheim und Mauss zurückgehende wissenssoziologische Auseinandersetzung mit sozialer Klassifizierung sowie die angelsächsische Kulturanthrophologie, soweit auf "cultural construction of gender" setzt. Dabei zeigt sich, daß die biologische Differenzierung der Geschlechter bei weitem nicht so ausgeprägt ist wie die soziale, und daß die soziale Geschlechterdifferenzierung vor allem Ergebnis einer Klassifikation zwischen zwei (und nur zwei) Geschlechtsklassen ist, obwohl Körperbau und sekundäre Geschlechtsmerkmale auf einer Skala von "sehr männlich" bis "sehr weiblich" durchaus kontinuierlich streuen. Diese binäre Klassifikation teilt die Gesellschaft in zwei etwa gleich große Hälften (anders als etwa Altersklassifikationen), was für die Machtbeziehung von Bedeutung ist. (MH)
Inhalt: "The article makes a systematic approach to the problem of the two sexes in the light of the theory of social differentiation. Proceeding from 'sexual differentiation' as a key concept, it is demonstrated that 'classification' is the heart of the matter, i. e.: Sexual differentiation is primarily the classifactory distinction between two - only two - sex classes, a distinction treating men and women within their own specific classes as equals, while emphasizing at the same time the difference between them. Reference is made in the article to both classical and modern theories of social differentiation from Georg Simmel to Niklas Luhmann, as well as to ethnomethodological and anthropological studies on 'cultural construction of gender'." (author's abstract)
Schlagwörter:Geschlechtsrolle; Klassifikation; Differenzierung
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Zeitschriftenaufsatz
Wie stützt weibliche Produktivität bestehende Herrschaftsverhältnisse? : Versuch einer Begründung im Anschluß an die Marxsche Theorie
Titelübersetzung:How does female productivity support the existing power situation? : attempt at a justification in connection with Marx' theory
Autor/in:
Beer, Ursula
Quelle: Frauen und Macht: der alltägliche Beitrag der Frauen zur Politik des Patriarchats. Barbara Schaeffer-Hegel (Hrsg.). Konferenz "Frauen und Macht"; Berlin: publica Verl.-Ges., 1984, S. 88-95
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Inhalt: In dem Beitrag wird der Versuch unternommen, anhand der Marxschen Theorie und ihrer Weiterentwicklung durch Althusser die system- und machtstabilisierende Funktion weiblicher Produktivität zu erklären. Dazu wurde das Modell, mit dem Althusser die Wirkungsweisen von Klassenideologien begründet, auf drei Fragestellungen bezogen: Wie und wodurch produzieren Frauen in der Familie ihre Unterdrückung? Wie werden Machtbeziehungen von Frauen täglich hergestellt, die auch gesellschaftliche Machtverhältnisse aufrechterhalten? Wieso haben Frauen kein Bewußtsein von den gesellschaftlichen Auswirkungen ihrer Produktivität? Nach einer allgemeinen Darstellung der Wirkungsweise von Ideologien kommt die Autorin zu dem Schluß, daß durch die Vermittlung geschlechtlicher Ideologien in der Sozialisation unwillentlich geschlechtliche Machtverhältnisse von Frauen reproduziert werden, daß ihnen durch ihre isolierte Stellung in der Familienarbeit die gesellschaftlichen Zusammenhänge ihrer Unterdrückung verborgen bleiben. Andererseits profitieren Frauen von der Unterwerfung unter gesellschaftliche Geschlechterideologie, da sie durch normgerechtes Verhalten Anerkennung erfahren. Abschließend werden einige Überlegungen zur Problematik der Althusserschen Theorie angestellt. (AG)
Schlagwörter:Herrschaftssicherung; Stabilisierung; Geschlechtsrolle; soziale Ungleichheit; soziale Deprivation; soziales Verhalten; Produktivität; Funktion; Macht
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Geschlechterrollen
Titelübersetzung:Gender roles
Autor/in:
Bierhoff-Alfermann, Dorothee
Quelle: Sozialpsychologie: ein Handbuch in Schlüsselbegriffen. Dieter Frey (Hrsg.), Siegfried Greif (Hrsg.). München: Urban & Schwarzenberg (U-und-S-Psychologie), 1983, S. 178-181
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Inhalt: Die Autorin referiert Untersuchungen und Forschungsansätze zur Geschlechtsrollenidentität, d.h. "zur Übernahme maskuliner und femininer Eigenschaften und Verhaltensweisen aufgrund geschlechtstypischer Rollenerwartungen." Die Geschlechtsrollenannahme basiert auf zwei miteinander zusammenhängenden Prozessen. Der erste umfaßt den kognitiven Erwerb von Geschlechtsstereotypen, die in Form von Geschlechtsrollenerwartungen als Forderungen an einzelne Individuen gerichtet werden. Der für die Geschlechtsrollenannahme wesentliche zweite Prozeß besteht in der Übernahme in das eigene kognitive Selbstbild und das eigene Rollenrepertoire. Geschlechterrollen lassen sich somit mehr als soziales Phänomen denn als biologische Unabänderlichkeit begreifen. (BL)
Schlagwörter:Geschlechtsrolle; Stereotyp; Selbstbild; Verhalten; Erwartung; Rolle
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Das Geschlecht - eine historische Kategorie? : Gedanken zu einem aus der neueren Geschichtswissenschaft verdrängten Begriff
Titelübersetzung:Gender - a historical category? : thoughts on a concept ousted from recent science of history
Autor/in:
Kuhn, Annette
Quelle: "Wissen heißt leben...": Beiträge zur Bildungsgeschichte von Frauen im 18. und 19. Jahrhundert. Ilse Brehmer (Hrsg.), Juliane Jacobi-Dittrich (Hrsg.), Elke Kleinau (Hrsg.), Annette Kuhn (Hrsg.). Düsseldorf: Schwann-Bagel, 1983, S. 29-50
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Inhalt: Kuhn versucht in ihrem Beitrag, Geschlecht als einen Begriff zu fassen, der sich erst in einem ganz bestimmten historischen Zusammenhang entwickelt hat. Sie will, daraus folgernd, aufzeigen, daß die an das Geschlecht gebundenen sozialen Zuschreibungen nicht zeitlos gültig, natürlich und somit umwandelbar sind. Die Autorin begrenzt ihre Untersuchung auf den engeren Rahmen der neuzeitlichen bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft und auf die Frage nach den Ausprägungen der Geschlechsspezifik innerhalb dieser Gesellschaftsformation. Ihre Untersuchung stützt sich vor allem auf zeitgenössische Sekundärliteratur zur Frauengeschichte. Kuhn zeichnet für die kapitalistische Gesellschaft eine immanent notwendige duale Ökonomie der subsistenzwirtschaftlichen und warenproduzierenden Produktionsweise nach. Durch die Ideologie einer naturgegebenen geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung wird diese duale Ökonomie verdeckt und somit die Ausgrenzung des weiblichen Geschlechts als historisch-sozialer Kategorie begreifbar. Eine theoretische Diskussion um die neuzeitliche Frauengeschichte ohne ideologische Verengung erscheint unerläßlich. Diese sollte allerdings von empirischer Forschungsarbeit begleitet werden, um somit das Bild der Frau als überhistorisches Geschlechtswesen auszulöschen. (VS)
Schlagwörter:18. Jahrhundert; 19. Jahrhundert; historische Entwicklung; Deutschland; Geschlechtsrolle; Emanzipation; Kapitalismus
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Geschlechtsunterschiede - Entstehung und Entwicklung : Mann und Frau in biologischer Sicht
Herausgeber/in:
Bischof, Norbert; Preuschoft, Holger
Quelle: München: Beck (Beck'sche Schwarze Reihe, Bd. 207), 1980. 245 S.
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Inhalt: Das Sammelwerk enthält neun - vor allem biologisch orientierte - Beiträge zum Themenkomplex geschlechtsspezifischer Verhaltensweisen. Gemeinsam ist den Aufsätzen, daß sie von der Frage nach der Anbindung der Psyche an die Physis ausgehen. Es wird dargelegt, worin abgeleitete Verhaltensweisen, die auch jenseits des primären geschlechtsspezifisch-sexuellen Verhaltens ausgeprägt sind, in ihrer allgemeinsten Form bestehen und worauf sie beruhen. Die Blickrichtungen der einzelnen Beiträge sind hierbei unter anderem historisch-evolutionistisch, physiologisch, verhaltenswissenschaftlich sowie ethnographisch. Insbesondere steht die Frage im Vordergrund, ob die gesellschaftlichen Erscheinugsformen in der Physiologie oder gar in der Physiognomie des menschlichen Körpers eine Basis haben. Dabei wird alles in allem deutlich, daß trotz weitreichender biologischer Einflüsse das ("manipulierbare") Lernen im Sozialverbund von erheblicher Bedeutung ist. (BU)
Schlagwörter:Geschlechtsrolle; biologische Faktoren; kulturelle Faktoren; Sexualforschung; soziales Verhalten; Tier; Mensch
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerk