CEWSwiki Forschungsprojekte zu Gender und Wissenschaft

Doppelkarrierepaare
Normalisierungsleistungen und Geschlechterkontruktionen unter den Bedingungen einer wechselseitigen Entgrenzung von Beruf und Familie

Rahmenbedingungen

von 2000/08 bis 2003/06
abgeschlossen
gefördert
DFG
Schwerpunktprogramm: Professionalisierung, Organisation, Geschlecht. Zur Reproduktion und Veränderung von Geschlechterverhältnissen in Prozessen sozialen Wandels

Projektbeschreibung

Two career couples: Normalization and gender constructions under conditions of reciprocal delimitation of job and family

Das Erkenntnisinteresse des Projekts richtet sich darauf zu erfassen, ob und wie die bei Karrierepaaren ("dual career couples") gegebene wechselseitige Entgrenzung von Beruf und Familie die "Normierung und die 'Normalität' von Familienarrangements" beeinflußt. Das im Hinblick auf ein Transzendieren tradierter Grenzen zwischen den Geschlechtern möglicherweise folgenreiche 'paarweise' Verfolgen einer professionellen Karriere soll hier mit Blick auf die Probleme betrachtet werden, die sich aus dem parallelen Verfolgen von Karrieren für die Normierung des Zusammenlebens von Frau und Mann ergeben. Unter welchen Bedingungen kann dieses Arrangement im Alltag (erfolgreich) gelebt werden? Welche Normalität des Geschlechterarrangements kann erzeugt werden? In wissenssoziologischer Perspektive interessieren wir uns für diejenigen gemeinsamen Wirklichkeitskonstruktionen, die, wenn überhaupt, ein Gelingen dieser sowohl in modernisierungstheoretischer als auch in geschlechtersoziologischer Hinsicht aufschlußreichen Lebensform ermöglichen.

Die Lebensform des Doppelkarrierepaares ("dual career couple") wird auf der Folie des gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses betrachtet, der mit den Stichworten "Enttraditionalisierung" und "Individualisierung" umrissen ist. Untersuchungsgegenstand sind zum einen die partnerschaftlichen und familialen Arrangements, mit denen Doppelkarrierepaare die Entgrenzung von Beruf und Familie zu bewältigen versuchen, und zum anderen die institutionell-organisatorischen Rahmenbedingungen, unter denen solche Arrangements getroffen werden. Die Datenerhebung erfolgt mittels biographischer Paarinterviews und Experteninterviews.

Die Konstellation des Doppelkarrierepaares stellt eine strikt enttraditionalisierte Lebensform insoweit dar, als das tradierte Modell des Mannes als Ernährer (und Oberhaupt) der Familie konsequent aufgebrochen ist. Das auf dieser Ebene enttraditionalisierte Arrangement funktioniert jedoch auf einer Basis, die weiterhin deutliche geschlechtstypische Merkmale aufweist.

Die geschlechtstypische Arbeitsteilung wird in modifizierter Gestalt reproduziert: Die Zuständigkeit der Frau geht über die so genannte alltägliche Lebensführung - die Sphäre des Haushaltes und der Familie - hinaus und umfasst zusätzlich die Koordination zweier beruflicher Karrieren. Erst diese Vereinbarkeitsmanagement macht aus zwei individuellen Karrieren eine Doppelkarriere. In der Art, wie diese Arbeit geleistet wird, zeigen sich generations- und professionstypische Unterschiede. Die institutionell-organisatorischen Rahmenbedingungen für Doppelkarrieren differieren je nach Berufsfeld, in dem die Paare tätig sind.

Das Sample umfasst freie Berufe, den wissenschaftlichen Bereich sowie das Management in großen Unternehmen. Während Freiberufler die Bedingungen, unter denen sie berufliche und familiale Anforderungen miteinander vereinbaren, vergleichsweise autonom gestalten können, sind Paare aus der Wissenschaft und dem Management stärker von institutionellen Regelungen und Vorgaben betroffen.

In großen Unternehmen ist eine wachsende Aufgeschlossenheit für die Problematik der Vereinbarkeit von Beruf und Familie generell und für die Lebenslagen von Doppelkarrierepaaren im Besonderen zu konstatieren. Diese Aufgeschlossenheit ist primär von einer ökonomischen, effizienzorientierten Rationalität bestimmt, Maßnahmen und Regelungen zur Förderung einer Vereinbarkeit von Beruf und Familie gelten als Investitionen in 'Humankapital'.

Im wissenschaftlichen Bereich zeichnet sich erst in Anfängen eine gewisse Sensibilisierung für Doppelkarrieren ab. Während bei universitären Gleichstellungsbeauftragten geschlechterpolitische Motive Ausschlag gebend sind, steht bei Wissenschaftsorganisationen und Universitätsleitungen die Sorge um die Sicherung von Exzellenz im Vordergrund.

Familie; Entgrenzung; Individualisierung; Dual Career Couple; Lebensweise; Geschlechterverhältnis; Doppelkarriere; Sozialer Wandel
Deutschland

Beteiligte Institutionen

Universität Dortmund
Universität
Fachbereich 14 Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie

Beteiligte Personen

Prof. Dr. Ronald Hitzler
PD Dr. Michael Meuser; Dr. Cornelia Behnke

Methoden & Stichprobe

Qualitatives Interview; Biographische Methode
ExpertInnen; ArbeitnehmerInnen

Ergebnisse/Output

Cornelia Behnke und Michael Meuser: Vereinbarkeitsmanagement. Die Herstellung von Gemeinschaft bei Doppelkarrierepaaren. In: Soziale Welt 54, 2003, S.163-174.

Cornelia Behnke und Michael Meuser: Karriere zu zweit – Projekt oder Problem? Zum Verhältnis von beruflichem Erfolg und Lebensform. In: Ronald Hitzler/Michaela Pfadenhauer (Hrsg.): Karrierepolitik. Beiträge zur Rekonstruktion erfolgsorientierten Handelns. Opladen: Leske und Budrich 2003, S. 189-200.

Cornelia Behnke und Michael Meuser: Zwei Karrieren – eine Familie. Vereinbarkeitsmanagement bei Doppelkarrierepaaren. In: Bulletin Texte 26. Humboldt-Universität Berlin. Zentrum für interdisziplinäre Geschlechterstudien 2003, S. 27-36.

Cornelia Behnke und Michael Meuser: Modernisierte Geschlechterverhältnisse? – Entgrenzung von Beruf und Familie bei Doppelkarrierepaaren. In: Karin Gottschall/G. Günter Voß (Hrsg.): Entgrenzung von Arbeit und Leben. Zum Wandel der Beziehung von Erwerbstätigkeit und Privatsphäre im Alltag. München/Mering: Rainer Hampp Verlag 2003, S. 285-306.

Cornelia Behnke und Michael Meuser: Doppelkarrieren in Wirtschaft und Wissenschaft. In: Zeitschrift für Frauenforschung und Geschlechterstudien 21, 2003, Heft 4, S. 62-74.

Michael Meuser: Wer folgt wem? Geographische Mobilität bei Doppelkarrierepaaren. In: Deutscher Hochschullehrerinnenbund (Hrsg.): Hochschulfrauen als akademische Nomaden? – Vom Nutzen und Nachteil der Mobilität. Berlin 2004, S. 70-77.

Cornelia Behnke und Michael Meuser: Vereinbarkeitsmanagement.. Zuständigkeiten und Karrierechancen bei Doppelkarrierepaaren. Erscheint in: Heike Solga/Christine Wimbauer (Hrsg.): 'Wenn zwei das Gleiche tun ...'. Ideal und Realität sozialer (Un-)Gleichheit in Dual Career Couples. Opladen: Verlag Barbara Budrich 2005.

Behnke, C.; Meuser, M.: Vereinbarkeitsmanagement. Die Herstellung von Gemeinschaft bei Doppelkarrierepaaren. Ms. Dortmund 2002.