Entlassung und öffentliche Degradierung von Professorinnen : Eine empirische Analyse struktureller Gemeinsamkeiten anscheinend unterschiedlicher „Fälle“
Autor/in:
Egner, Heike; Uhlenwinkel, Anke
Quelle: Beiträge zur Hochschulforschung, 43 (2021) 1, S 62–84
Inhalt: Der Beitrag untersucht Entlassungen und öffentliche Degradierungen von Professorinnen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mittels Medienanalysen, standardisierten Fragebögen und qualitativen Interviews wird nach strukturellen Gemeinsamkeiten und Unterschieden gesucht. Ziel ist es, konstitutive Muster zu identifizieren. Die Ergebnisse zeigen (a) drei klar voneinander unterscheidbare Mediennarrative, (b) dass keine der Professorinnen oder Professoren aufgrund eines Fehlverhaltens in der Wissenschaft entlassen oder degradiert wurde, (c) anonyme Vorwürfe oft die Grundlage für die Eskalation bildeten, (d) vor allem Frauen und Ausländer davon betroffen waren, (e) die „Fälle“ seit 2015 zunehmen, (f) innerhalb der Wissenschaftsinstitutionen Verfahren zur Sachverhaltsaufklärung eingesetzt wurden, die rechtsstaatlichen Ansprüchen nicht genügen und (g) insbesondere die Leitungen in unzulässiger Personalunion von Kläger und Richter wirkten.
Quelle: Beiträge zur Hochschulforschung, 42 (2020) 4, S 50–69
Inhalt: Berufungskommissionen sind wichtige Arenen für die Durchsetzung der Interessen verschiedener Akteure. Sie werden auch in der Gleichstellungspolitik als zentrales Handlungsfeld betrachtet. Im Zentrum des Beitrags steht die Frage, welche Gleich-
stellungsmaßnahmen auf professoraler Ebene, insbesondere im Handlungsfeld Berufungskommissionen, bekannt sind und wie sie angesichts wachsender Ansprüche an exzellente Wissenschaft wahrgenommen und umgesetzt werden. Das Konzept des Geschlechterwissens nach Dölling/Wetterer diente als zentrale theoretische Perspektive. Die leitfadengestützten Interviews wurden rekonstruktiv ausgewertet. Es zeigte sich, dass das Gleichstellungswissen der Interviewten in Bezug auf den Kosmos Hochschule umfangreich ist, ihr Geschlechterwissen jedoch überwiegend alltagsweltlich. Ein zentrales Ergebnis ist, dass die Imperative Gleichstellung und Bestenauswahl in Berufungskommissionen als widersprüchliche Zielvorgaben wahrgenommen werden.
Schlagwörter:Berufungskommission; Genderkompetenz; Geschlechterwissen; Gleichstellungsmaßnahmen; Professor; Professorin
Professorinnen im Spannungsverhältnis von Exzellenz und Chancengleichheit : Empirische Befunde aus einer qualitativen Interview-Studie
Autor/in:
Paulitz, Tanja; Braukmann, Stephanie
Quelle: Beiträge zur Hochschulforschung, 42 (2020) 4, S 30–48
Inhalt: Der Beitrag fragt ausgehend vom jüngeren hochschulpolitischen Wandel, im Zuge dessen Chancengleichheit zu einem Bestandteil von Exzellenz wurde, nach der Arbeitssituation von Professorinnen an deutschen Universitäten. Damit wird jene Statusgruppe ins Zentrum der Betrachtung gerückt, die sich im System etabliert hat und gemeinhin dafürsteht, dass Chancengleichheit erreicht ist. Auf Basis einer laufenden qualitativen empirischen Untersuchung werden erste Befunde vorgelegt, wie dieses Verhältnis von Exzellenz und Chancengleichheit von Professorinnen erfahren wird, welche Zugänge es eröffnet, auf welche Barrieren die Professorinnen stoßen und welche Ambivalenzen sich hinsichtlich ihrer Position rekonstruieren lassen. Dabei wird die These entwickelt, dass sich die Partizipationschancen von Professorinnen in den Wettkämpfen um Exzellenz in geschlechtlich strukturierten Spielen um Anerkennung erweisen müssen.
Schlagwörter:Chancengleichheit; Drittmittel; Exzellenz; Forschungsförderung; Interview; Partizipation; Professorin
CEWS Kategorie:Hochschulen, Wissenschaft als Beruf, Geschlechterverhältnis
Chancengleichheit in der Exzellenz? : Öffentliche Forschungsförderung im europäischen und n ationalstaatlichen Vergleich
Autor/in:
Hönig, Barbara
Quelle: Beiträge zur Hochschulforschung, 42 (2020) 4, S 10–29
Inhalt: Der Beitrag erörtert das Verhältnis von Chancengleichheit und „Exzellenz“ als kulturellen Zielen der Wissenschaft am Beispiel öffentlicher Forschungsförderung. Die europäische Exzellenzinitiative des European Research Council (ERC) wird auf ihr Verständnis von Chancengleichheit und Gleichstellung hin analysiert und empirische Belege für deren Umsetzung untersucht. Die These, dass der ERC die nationalstaatliche Ebene der Exzellenzförderung in dieser Hinsicht nachhaltig beeinflusste, wird anhand exemplarischer Befunde zu Exzellenzinitiativen Schwedens, Spaniens und der Niederlande überprüft. Ergebnisse zeigen die Ambivalenz teilweise fortbestehender nationalstaatlicher Traditionen bei gleichzeitigem Antizipieren des europäischen Rahmens und liefern Anknüpfungspunkte für institutionelle Maßnahmen, um die Durchsetzung von Chancengleichheit als integralem Bestandteil einer sich meritokratisch legitimierenden Forschung zu verbessern.
Quote und Qualität - zwingend ein Widerspruch? : Eine Analyse möglicher Effekte einer Frauenquote in der Wissenschaft aus ökonomischer Perspektive
Autor/in:
Wolf, Elke
Quelle: Beiträge zur Hochschulforschung, 38 (2016) 3, S 26–51
Inhalt: Frauenquoten in der Wissenschaft stehen häufig im Verdacht, weniger qualifizierte Frauen zu Lasten von besser qualifizierten Männern zu fördern und so die Leistungsfähigkeit des Wissenschaftssystems zu reduzieren. Aus ökonomischer Sicht stellt sich somit die Frage, ob mit Hilfe einer Quote der Frauenanteil tatsächlich erhöht und die Qualität der ausgewählten Kandidaten und Kandidatinnen erhalten werden kann. Diese Studie zeigt, dass bei Berücksichtigung der vielfältigen Effekte einer Frauenquote die Bewertung weitaus positiver ausfällt als oben beschrieben. Eine Frauenquote in der Wissenschaft würde nicht nur die Erfolgschancen von Frauen in akademischen Auswahlverfahren erhöhen. Vermutlich würden sich auch mehr Frauen für diesen Karriereweg entscheiden und um die ausgeschriebenen Stellen bewerben. Insbesondere die neuen Erkenntnisse über die geringere Wettbewerbsneigung von Frauen führen aus ökonomischer Sicht zu einer positiven Einschätzung der Quote als Maßnahme zur Verbesserung der Chancengleichheit in der Wissenschaft.
Ausstieg statt Aufstieg? Geschlechtsspezifische Motive des wissenschaftlichen Nachwuchses für den Ausstieg aus der Wissenschaft
Autor/in:
Best, Kathinka; Wangler, Julian; Schraudner, Martina
Quelle: Beiträge zur Hochschulforschung, 38 (2016) 3, S 52–73
Inhalt: Noch immer gibt es nur wenige Studien zu der Frage, weshalb erfolgreiche Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen sich dazu entschließen, die Wissenschaft zu verlassen. Der höhere Dropout von Frauen wird häufig mit mangelnder Motivation, fehlendem Selbstbewusstsein und einem im Vergleich zu männlichen Counterparts größeren Wunsch nach Sicherheit begründet. Die vorliegende Studie hinterfragt diese Erklärung und beleuchtet geschlechtsspezifische Motive des Nachwuchses für den usstieg aus der Wissenschaft. Dazu wurden basierend auf 18 qualitativen Interviews mit ehemaligen erfolgreichen Postdoktoranden einer großen deutschen Forschungsorganisation fünf „Ausstiegstypen“ gebildet. Anhand dieser konnten bei den befragten Frauen und Männern ähnliche, jedoch geschlechtsspezifische Beweggründe identifiziert werden. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse werfen ein neues Licht auf gängige Erklärungsmuster und tragen dazu bei, neue organisationskulturelle Ansatzpunkte zu identifizieren, die zum Verbleib in der Wissenschaft anhalten.
Quelle: Beiträge zur Hochschulforschung, 38 (2016) 1-2, S 190–219
Inhalt: Obwohl seit Jahren die Frauen unter den Medizinstudierenden die Mehrheit stellen, sind sie in den höheren klinischen und wissenschaftlichen Positionen deutlich unterrepräsentiert. Ziel der vorliegenden Studie war, Gründe für den geringen Anteil von Ärztinnen auf den höheren Stufen der wissenschaftlichen Karriereleiter zu identifizieren. Dazu wurden ärztliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Universitätsklinikums mittels eines ausführlichen, standardisierten Fragebogens befragt. Fast 50 Prozent der 689 ärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nahmen an der Befragung teil. 80 Prozent der Auskunft gebenden Ärzte im Vergleich zu 48 Prozent der Ärztinnen sind an einer wissenschaftlichen Karriere interessiert oder haben diese bereits umgesetzt. Es zeigen sich in Hinblick auf persönliche und berufliche Rahmenbedingungen, Kompetenzen und Einstellungen deutliche Unterschiede zwischen Ärztinnen und Ärzten wie auch zwischen Ärztinnen mit und ohne Ambitionen auf eine wissenschaftliche Karriere. (Autorenreferat)
Die Freiheit arbeiten zu dürfen : Akademische Laufbahn und legitime Lebenspraxis
Autor/in:
Beaufaÿs, Sandra
Quelle: Beiträge zur Hochschulforschung, 37 (2015) 3, S 40–58
Inhalt: Der Beitrag blickt aus kultursoziologischer Perspektive auf wissenschaftliche Karrieren. Er stellt die These auf, dass die Lebenspraxis, die von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verkörpert wird, gleichzeitig eine vergeschlechtlichte Distinktionspraxis ist. Über die Verkörperung einer legitimen Lebensführung wird eine spezifisch akademische Männlichkeit hervorgebracht und symbolisch aufgeladen. Diese Distinktionspraxis wirkt als Zugangshürde für „neue Akteure“ und als symbolisches Kapital für die bereits Etablierten. Die Folge ist für manche, insbesondere für Frauen, ein definitiver Karriereausschluss, zumindest aber ein höherer Eintrittspreis für diejenigen, die nicht unmittelbar an die legitime wissenschaftliche Praxis anschließen. Die empirische Grundlage der Argumentation bilden qualitative Interviews mit Mitgliedern der Leitungsebene von Exzellenzeinrichtungen sowie mit Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern auf ersten Führungspositionen im Rahmen der Exzellenzinitiative.
Wandel der Wissenschaft und Geschlechterarrangements : Organisations und Steuerungspolitiken in Deutschland, Österreich, Großbritannien und Schweden
Autor/in:
Aulenbacher, Brigitte; Binner, Kristina; Riegraf, Birgit; Weber, Lena
Quelle: Beiträge zur Hochschulforschung, 37 (2015) 3, S 22–38
Inhalt: Die universitäre Wissenschaft befindet sich in einem tief greifenden und weit reichenden Umbauprozess. Eine dominierende Entwicklungstendenz ist die Ökonomisierung, die sowohl das Verhältnis zwischen Organisation und Profession, als auch zwischen Staat und Markt neujustiert. Daneben lassen sich weitere Entwicklungen feststellen, etwa die Standardisierung der Studiengänge im Rahmen des Bologna-Prozesses, die Implementation von Gender Mainstreaming und Diversity Policies, sowie Auditierungen und Zertifizierungen, welche Universitäten eine neue Familienfreundlichkeit und Geschlechtergerechtigkeit bescheinigen. Diese Prozesse berühren die Geschlechterarrangements in der Wissenschaft. Der Beitrag fragt, wie die verschiedenen Entwicklungen einander beeinflussen und wirken. Er zeigt, dass die Gewichtung der verschiedenen Tendenzen, ihr Zusammenspiel und die Folgen für die Geschlechterarrangements länder- und organisationsspezifisch variieren.