Inhalt: Berufe mit einem hohen Anteil an Interaktionen wie beispielsweise Managementaufgaben werden tendenziell besser bezahlt als andere Tätigkeiten. Allerdings werden Frauen für solche interaktiven Aufgaben schlechter bezahlt als Männer, zeigt eine neue RWI-Studie. Eine wahrgenommene höhere Sozialkompetenz der Frauen gegenüber den Männern bei interaktiven Aufgaben zahlt sich demnach für sie finanziell nicht aus. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Unterschiede in den Hierarchieebenen die Lohnlücke innerhalb interaktionsintensiver Berufe, wie im Management oder der Beratung, maßgeblich beeinflussen.
Das Wichtigste in Kürze:
- Wahrgenommene Vorteile von Frauen gegenüber Männern bei interaktiven Aufgaben hinsichtlich ihrer Sozialkompetenz verringern kaum das geschlechtsspezifische Lohngefälle. Zwar werden interaktionsintensive Berufe tendenziell besser als Berufe mit interaktionsarmen Aufgabenprofilen vergütet und der Beschäftigungsanteil von Frauen in interaktionsintensiven Berufen steigt zunehmend. Frauen erhalten aber für vergleichbare Aufgaben ein geringeres Einkommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung.
- Detaillierte Zerlegungen entlang der Lohnverteilung zeigen, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in der Aufgabenspezialisierung nur eine geringe Erklärungskraft für das Lohngefälle haben. Dagegen zeigt die Analyse der Berufshierarchien, dass vergleichbare Aufgaben in höheren Positionen zu höheren Einkommen führen. Das bedeutet: Männer bekommen tendenziell ein höheres Einkommen, auch weil sie überdurchschnittlich oft in hochrangigen Berufen arbeiten – und nicht aufgrund ihrer Aufgabenspezialisierung. Die Hierarchieebene erklärt etwa 30 Prozent der Lohnlücke zwischen Frauen und Männern in interaktiven, gut bezahlten Jobs. Bei einer durchschnittlichen Lohnlücke von etwa 3,30 Euro pro Stunde für den Untersuchungszeitraum entfällt somit knapp 1 Euro auf hierarchische Unterschiede.
- Die Studienergebnisse legen nahe, dass undurchlässige Hierarchieebenen und nicht-finanzielle Arbeitsplatzpräferenzen – zum Beispiel flexible Arbeitszeiten, Homeofficeangebote sowie Pendelzeit – wesentliche Faktoren für geschlechtsspezifische Lohngefälle sein können.
- Für die Studie wurden Erwerbstätigenbefragungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ausgewertet. Die Querschnittsdaten umfassen rund 20.000 Personen in jeder der fünf Wellen aus den Jahren 1992, 1999, 2006, 2012 und 2018.
„Obwohl Frauen zunehmend in gut bezahlten, mit viel Interaktion verbundenen Berufen arbeiten, werden sie für diese Beschäftigung durchschnittlich schlechter bezahlt als Männer“, sagt RWI-Wissenschaftler Eduard Storm. „Das liegt insbesondere daran, dass Männer tendenziell in höheren Positionen arbeiten. Frauen nehmen hingegen eher Lohneinbußen in Kauf, um beispielsweise flexiblere Arbeitsbedingungen zu haben.“
Support on the way to the top? The effect of organisational equal opportunities measures on women’s promotion prospects
Autor/in:
Wanger, Susanne
Quelle: IAB-Discussion Paper (IAB-Discussion Paper: Beiträge zum wissenschaftlichen Dialog aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung), 13 (2022)
Inhalt: Even though women have been able to increase their participation in management positions to a small extent in recent years, they are still significantly underrepresented in management positions. Organisational measures to promote gender equality and work-life balance are seen as an option to reduce inequalities between men and women. However, there are relatively few firms that have formalised organisational gender equality policies. Against this background, I examine whether organisational measures may increase women's career opportunities or promote the assumption of management positions on a part-time basis. This is investigated using a German Linked-Employer-Employee dataset (LIAB) from 2012 to 2016 and logistic panel regression models. The results show that the targeted promotion of women in particular improves their chances of promotion. However, this is not the case for mothers and their chances of achieving a part-time management position: these are lower when targeted promotion of women is practised in a firm. Measures to improve reconciliation, such as firm support for childcare or for employees with dependents in need of care, have a positive effect on advancement to management positions. The effect of family-friendly working conditions in a firm is heterogeneous: while women have lower chances of promotion, their chances of obtaining a management position with reduced working hours are higher. In contrast, a firm's membership in a family-friendly network has a negative effect on the career and promotion opportunities of women.
Gender-Specific Application Behavior, Matching, and the Residual Gender Earnings Gap
Autor/in:
Lochner, Benjamin; Merkl, Christian
Quelle: IAB-Discussion Paper (IAB-Discussion Paper: Beiträge zum wissenschaftlichen Dialog aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung), 22 (2022)
Inhalt: This paper opens up the black box of gender-specific application and hiring behavior and its implications for the residual gender earnings gap. To understand the underlying mechanisms, we propose a two-stage matching model with testable implications. Using the German IAB Job Vacancy Survey, we show that the patterns in the data are in line with linear and nonlinear production functions at different jobs. Women's application probability at high-wage firms is much lower than at low-wage firms. By contrast, women have the same probability of being hired as men when they apply at high-wage firms. These patterns are not in line with taste-based discrimination, but they can be rationalized by high-wage firms that ask for more employer-sided flexibility. We show that the share of male applicants increases in various dimensions of employer-sided flexibility requirements. Adding the share of male applicants as a proxy for flexibility requirements to Mincer wage regressions reduces the residual earnings gap by around 50 to 60 percent. Women who match at jobs with a high share of male applicants earn substantially more than women at comparable jobs with only females in the application pool (due to compensating differentials). By contrast, when women with children match at these jobs, they face large earnings discounts relative to men.
Schlagwörter:application; application behavior; Gender Studies; Geschlechterforschung; Hiring Decision; work
CEWS Kategorie:Arbeitswelt und Arbeitsmarkt, Frauen- und Geschlechterforschung
Stillstand. Familienunternehmen holen keine Frauen in die Führung
Autor/in:
Wiebke Ankersen; Christian Berg; Lucie Schibel; Rosina Ehrhardt
Quelle: Allbright Stiftung; Berlin, 2022.
Inhalt: In kaum einem anderen Land prägen große Familienunternehmen die Wirtschaft so stark wie in Deutschland. Es ist ihr Anspruch, gesellschaftlich verantwortungsvoll zu wirtschaften – und doch sind sie beim Bemühen, Chancengleichheit und Vielfalt in der Führung auf dem Niveau anderer westlicher Industrieländer zu etablieren, der Bremsklotz der deutschen Wirtschaft. Mit 8,3 Prozent ist der Frauenanteil in den Geschäftsführungen der Familienunternehmen nur gut halb so hoch wie bei den Unternehmen in DAX, MDAX und SDAX, und er bewegt sich nicht.
Care-Arbeit und Gender in der digitalen Transformation
Autor/in:
Weber, Lena; Karstein, Mara
Quelle: Beltz Juventa, 2022.
Inhalt: Während Care-Arbeit nach wie vor weiblich konnotiert ist und Frauen noch immer den überwiegenden Anteil an Sorgearbeit im Privaten übernehmen, sind digitale Technologien eher männlich konnotiert und Erwerbswelt androzentrisch gestaltet. Wie verändern sich Geschlechterarrangements, wenn digitale Technologien Beschäftigungsverhältnisse entgrenzen und Sorgetätigkeiten durch digitale Technologien grundlegend verändert werden? Wie verändert sich der Blickwinkel auf Sorgearbeit und geschlechtliche Arbeitsteilung, wenn das Verständnis von Care breiter in Bezug auf digitale Technologien ausgelegt wird?
Schlagwörter:Arbeits- und Berufssoziologie; Arbeitsteilung; Care; care work; Digitalisierung; Sorgearbeit; technological change; Technological innovation
CEWS Kategorie:Arbeitswelt und Arbeitsmarkt, Frauen- und Geschlechterforschung
Dokumenttyp:Monographie
The Gender Gap in Lifetime Earnings: The Role of Parenthood
Inhalt: To obtain a more complete understanding of the persisting gender earnings gap in Germany, this paper investigates both the cross-sectional and biographical dimension of gender inequalities. Using an Oaxaca Blinder decomposition, we show that the gender gap in annual earnings is largely driven by women’s lower work experience and intensive margin of labor supply. Based on a dynamic microsimulation model, we then estimate how gender differences accumulate over work lives to account for the biographical dimension of the gender gap. We observe an average gender lifetime earnings gap of 51.5 percent for birth cohorts 1964-1972. We show that this unadjusted gender lifetime earnings gap increases strongly with the number of children, ranging from 17.8 percent for childless women to 68.0 percent for women with three or more children. However, using a counterfactual analysis we find that the adjusted gender lifetime earnings gap of 10 percent differs only slightly by women’s family background.
Inhalt: Quote – nein, danke?! Ganz so dramatisch ist es noch nicht in den deutschen Führungsetagen, aber immerhin ein Drittel der befragten Führungskräfte sieht die öffentliche Diskussion um verbindliche Regeln bei Gleichstellungs- und Genderfragen als nicht förderlich in ihrer Organisation an. Vielleicht, weil Führungskräfte selbst zur gesellschaftspolitischen Forderung nach Gendergerechtigkeit keine Probleme im eigenen Arbeitsbereich und damit wenig Handlungsbedarf sehen. Wenn Führungskräfte allerdings entgegen der weitläufigen Wahrnehmung in der Öffentlichkeit die Situation in ihren Organisationen eher durch die „rosarote Brille“ wahrnehmen, braucht es einen Reality-Check. Ansonsten drohen generelle betriebliche Maßnahmen ins Leere zu laufen.
Führung in Teilzeit? Eine empirische Analyse zur Verbreitung von Teilzeitarbeit unter Führungskräften in Deutschland und Europa
Autor/in:
Hipp, Lena; Sauermann, Armin; Stuth, Stefan
Quelle: WZB Discussion Paper, 501 (2022)
Inhalt: Teilzeitarbeit in Führungsetagen ist eine Ausnahme, obwohl das Thema Arbeitszeit1reduzierung durch veränderte Familienarrangements und zunehmende berufliche Belas2tung wichtiger geworden ist. Daran hat weder der seit mehr als 20 Jahren bestehende
Rechtsanspruch auf einen Teilzeitarbeitsplatz noch das im Jahr 2019 eingeführte Rück3kehrrecht auf einen Vollzeitarbeitsplatz nach zeitlich begrenzten Arbeitszeitreduktionen
etwas geändert. Dieser Beitrag nutzt Daten der Europäischen Arbeitskräfteerhebung, um
Teilzeitarbeit von Führungskräften in Deutschland sowohl im zeitlichen als auch im inter4nationalen Vergleich einzuordnen und damit ein empirisches Fundament für die gesell5schaftliche Diskussion um Teilzeitführungskräfte zu legen. Die Auswertungen zeigen: In
Deutschland arbeiteten im Jahr 2019 laut eigener Aussage rund 14 Prozent der Führungs6kräfte in Teilzeit. Im europäischen Vergleich gehört Deutschland damit zu den Ländern mit
dem höchsten Anteil an teilzeitarbeitenden Führungskräften. Die Auswertungen zeigen
auch, dass in Deutschland der Anteil der weiblichen Führungskräfte in Teilzeit mit rund 32
Prozent deutlich über dem der männlichen Führungskräfte liegt (rund 3 Prozent) und es
große Unterschiede nach Altersgruppen gibt. Als Motiv für eine Arbeitszeitreduktion geben
Führungskräfte, insbesondere Frauen, zumeist Pflege- und Betreuungsverpflichtungen
Schlagwörter:familiäre Verpflichtung; family responsibilities; Teilzeitarbeit; Teilzeitbeschäftigung; Vereinbarkeit Beruf-Familie; work and family
CEWS Kategorie:Arbeitswelt und Arbeitsmarkt, Wissenschaftspolitik, Vereinbarkeit Familie-Beruf, Geschlechterverhältnis
Can Wage Transparency Alleviate Gender Sorting in the Labor Market?
Autor/in:
Bamieh, Omar; Ziegler, Lennart
Quelle: IZA Discussion Paper, 15363 (2022)
Inhalt: Wage decompositions suggest that a large share of the gender wage gap can be explained by differences in occupation and employer choices. If female workers are not well informed about these pay differences, increasing wage transparency might alleviate the gender gap. We test this hypothesis by examining the impact of the 2011 Pay Transparency Law in Austria, which requires companies to state a wage figure in job advertisements. For the analysis, we combine vacancy postings from the largest Austrian job board with social security spells that record the gender of new hires. To compare the pay level of vacancies before and after the reform, we predict wage postings using detailed occupation-employer cells, which explain about 75 percent of the variation in posted wages. While we estimate a substantial gender wage gap of 15 log points, pay transparency did not affect gender sorting into better-paid occupation and firms. To study job transitions, we focus on a subsample of workers whose previous employment is also observed. Our estimates show that switching occupations is common, and it often entails significant wage changes. Yet, in line with our main estimates, we do not find that women become more likely to switch to better-paid jobs. We interpret the absence of effects as evidence that limited transparency does not explain the persistence of gender sorting in the labor market.
Inhalt: We study the presence and the extent of gender differences in reference letters for graduate students in economics and how these may affect the start of young researchers' careers. To these ends, we build a novel rich dataset covering ten cohorts of academic job market applicants to two top institutions hiring on the international market. We collect information from the application packages and conduct text analysis of reference letters using Natural Language Processing (NLP) techniques in order to measure gender differences in the style and content of the letters. We then combine the resulting measures with information on the applicants’ subsequent labor market outcomes as extrapolated from the main online repositories. Our results reveal that male and female candidates receive different support from their sponsors and are described in systematically different terms. While female advisors talk more about personal characteristics, only male advisors do so at a different extent for male and female candidates. Such differences in how candidates are talked about affect subsequent career outcomes and explain a non-negligible part (5 to 8% approximately) of the observed gender gaps.