Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 4228-4243
Inhalt: "Aufbauend auf einem ersten Referat möchten die Verfasser in diesem Teil Tendenzen eines Primats zugeschriebener gegenüber erworbener Merkmale beschreiben. In Folge eines Kontingentwerdens individueller Lebensentwürfe und epidemisch um sich greifender Unsicherheit treten Konzepte einfacher Zuschreibung und Klassifikation des Fremden in unserer Gesellschaft verstärkt in den Vordergrund. Die Brisanz dieser, ihrer Ansicht nach im Aufstieg begriffenen, Konzepte von Zuschreibungen liegt in ihrer naturalistisch argumentierenden, (pseudo-)wissenschaftlichen Unterfütterung: Auf Basis eines normativen Naturbegriffes werden evolutionär-biologistische Konzepte auf die Gesellschaft übertragen und geben so Verachtung und Exklusion legitimierenden Dynamiken den Anstrich der Wissenschaftlichkeit. Der zugrunde liegende Naturbegriff lässt die vermeintlichen Erkenntnisse außerdem als unverrückbar, weil genetisch festgeschrieben erscheinen. Derartige Argumentationsmuster und ihre impliziten wie expliziten Folgeaussagen werden exemplarisch an den Themenfeldern Geschlecht, Rasse, Körper, Potential und Alter nachvollzogen." (Autorenreferat)
Schlagwörter:Lebensperspektive; sociology; Biologismus; life perspective; alter Mensch; contingency; Begriff; concept; security; Gesellschaft; society; Lebensplanung; individual; nature; Soziologie; body; genetics; Körper; human being; gender; Individuum; social science; Natur; Mensch; Rasse; Sozialwissenschaft; Genetik; biologism; life planning; exclusion; natural sciences; Exklusion; Konzeption; Sicherheit; elderly; Naturwissenschaft; conception; Kontingenz; race
SSOAR Kategorie:Naturwissenschaften, Technik(wissenschaften), angewandte Wissenschaften, Generelle Theorien der Sozialwissenschaften, Frauen- und Geschlechterforschung, Gerontologie, Alterssoziologie
KörperDifferenz: zur Dekonstruktion von Körper und Behinderung in biographischen Erzählungen von Frauen
Titelübersetzung:Body difference: deconstruction of the body and handicap in biographical narrations of women
Autor/in:
Bruner, Claudia Franziska; Dannenbeck, Clemens
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Soziale Ungleichheit - kulturelle Unterschiede"; Frankfurt am Main, 2006. S 1601-1610
Inhalt: "Der Beitrag fusst auf den Befunden eines im Februar an der LMU-München bei Prof.Dr. Heiner Keupp abgeschlossenen Dissertationsprojekts. Narrativ-biografische Interviews mit als körperbehindert geltenden Frauen werden als empirische Basis herangezogen, um die soziale Konstruktion von Körper und Behinderung in ihrer Dynamik und Prozesshaftigkeit nachzuzeichnen. Körper sind unweigerlich vergeschlechtlicht, sozial klassifiziert, ethnisch und kulturell entworfen sowie Normalitäts- und Ästhetikdiskursen unterworfen. So werden unterschiedliche und unterschiedene Körper laufend hervorgebracht und verändert, was sich in gesellschaftlichen Macht- und Dominanzverhältnissen niederschlägt. Welchen sozialen Produktionsbedingungen unterliegt dabei der als 'behindert' ausgerufene (verrufene)Körper? Unser Bild vom Körper ist stark verbunden mit Vorstellungen von Wachstum und Entwicklung, von Werden und Vergehen, von Veränderung und Bewegung. Weiter dominiert die Vorstellung, dass dem Körper Subjekte gegenüberstehen, die ihn zu ihrem Beobachtungsobjekt machen könnten: Körper sind den (eigenen und fremden) Blicken ausgesetzt, sie stehen im Rampenlicht, sie werden wahrgenommen. Fern erkennen wir die gesellschaftlichen Ein- und Angriffe auf den Körper: Körper verändern sich nicht nur von selbst (quasi von Innen heraus, durch ihre 'natürliche' Alterung), sie werden verändert, sie entstehen nicht nur, sie werden geschaffen und sie vergehennicht nur, sie werden vernichtet. Welche Texte schreiben also den Körper, welcheBilder entwerfen ihn, wie sehen die Sozialisationsprozesse und Selbstverständnisse bezüglich des Körpers aus? Biografische Forschungsmethoden bieten die Möglichkeit, Ambivalenzen in Identifikationsprozessen sichtbar werden zu lassen, den Neu-Territorialisierungen und Verschiebungen des Schnittfeldes von class, gender,race und body über die Erzählungen der Interviewten nachzuspüren. Biografische Erzählungen informieren, wie und wodurch sich Körper(selbst)bilder, Behinderung(en) und Geschlechterverhältnisse herstellen, reproduzieren und verändern." (Autorenreferat)
Bodification and Beautification: Zur Verkörperung sozialer und kultureller Differenzen durch Schönheitshandeln
Titelübersetzung:Bodification and beautification: embodiment of social and cultural differences through beauty care
Autor/in:
Degele, Nina
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Soziale Ungleichheit - kulturelle Unterschiede"; Frankfurt am Main, 2006. S 579-592
Inhalt: "Körper sind dankbare Projektionsflächen: In Körper schreiben sich Attraktivitätsnormen oder auch die Vorstellung der Verschiedenheit genau zweier Geschlechter ebenso ein wie über den Körper die Wirkung nach außen inszeniert und die gesellschaftliche Struktur der Zweigeschlechtlichkeit realisiert wird. Eine solche gleichzeitige Verkörperung von Gesellschaft und Vergesellschaftung von Körper bezeichne ich als bodification. Damit ist der Körper auch empfänglich für mediale, wissenschaftliche und milieuspezifische Überformungen, die das eigene Handeln orientieren und leiten. Vor allem sind es sozial geteilte Konstruktionen rund um die Bedeutung von Körper( lichkeit), die tief in das Alltagswissen um Selbst und Körper eingelassen - eben verkörpert sind. Zur Rekonstruktion einiger kulturell differenzierender Verkörperungen wähle ich als empirisches Untersuchungsfeld das gänzlich profane 'Sich schön machen'. Dabei handelt es sich um eine körpernahe Handlungspraxis, die mit, auf und im Körper stattfindet. Gleichwohl geht es mir nicht um Schönheit als ästhetische Kategorie, sondern um Schönheitshandeln als einem Akt der sozialen Positionierung. Das nenne ich beautification: Schönheitshandeln ist ein Medium der Kommunikation, das der Inszenierung der eigenen Außenwirkung zum Zweck der Erlangung von Aufmerksamkeit und Sicherung der eigenen Identität dient und zugleich ein sozialer Prozess, in dem Menschen versuchen, soziale (Anerkennungs-)Effekte zu erzielen. Vor diesem Hintergrund will ich in meinem Beitrag zeigen, wie verkörpertes Schönheitshandeln kulturelle und soziale Differenzen produziert. Dazu stütze ich mich auf 30 Diskussionen mit Gruppen unterschiedlichen Alters, Geschlechts, sexueller Orientierung und sozialer Lage, die sich mit dem Thema 'sich schön machen' auseinandergesetzt haben. Die Argumentation entwickle ich in drei Schritten: Erstens sind Praxen verkörperten Schönheitshandelns mit spezifischen Normalitätsvorstellungen verknüpft, die sich bei genauerem Hinsehen als Ideologien privaten Schönheitshandelns ('schön mache ich mich für mich und nicht für die anderen') und/oder als Naturalisierungen von Männlichkeits- und Weiblichkeitskonstruktionen entpuppen. Zweitens werden zur Schaffung sozialer Unterschiede Reflexions- und Artikulationsfähigkeit bzw. Sprachkompetenzen relevant. Dies ist - so die Beobachtung bei einigen Gruppen - beim Reden über Sexualität der Fall, das Ansätze der Entideologisierung privaten Schönheitshandelns und der Entnaturalisierung von Geschlecht enthält. Drittens laufen in diesen Fällen kulturelle und soziale Differenzierungen nicht oder nur nachgeordnet über Geschlecht, sozialen Status, Ethnizität oder Alter, sondern über die Bewusstheit und Reflexion der Konstruiertheit von Geschlecht und Sexualität. Dabei hat - so eine weitere Beobachtung - die Fähigkeit und Bereitschaft, über Sexualität zu sprechen, mit der Marginalisierung nicht-heteronormativer Lebensformen zu tun." (Autorenreferat)
"Gender-Management" in Fitnessstudios: Aktualisierung und Neutralisierung der Geschlechterdifferenz in der Arbeit am Körper
Titelübersetzung:"Gender management" in fitness studios: updating and neutralization of the gender difference in work on the body
Autor/in:
Sobiech, Gabriele
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Soziale Ungleichheit - kulturelle Unterschiede"; Frankfurt am Main, 2006. S 2719-2730
Inhalt: Die gesellschaftliche Ästhetisierung des Körpers und die individuellen Körperformungsstrategien, wie sie inzwischen von ca. 5,08 Millionen Menschen in Fitnessstudios im Rahmen einer freiwilligen Mitgliedschaft absolviert werden, können als Beispiele für die moderne Form der Fremd- und Selbstdisziplinierung angesehen werden. Die Autorin berichtet hierzu aus ihrem Forschungsprojekt, in welchem sie mit Frauen und Männern, die in Fitnesscenter Bewegungsangebote wahrnehmen und seit mindestens zwei Jahren Mitglied waren oder sind, Interviews durchgeführt hat. Um zu zeigen, inwiefern das Geschlecht für die Aktiven als Zugehörigkeits- und Differenzkategorie relevant ist bzw. ob Abweichungen und Widerständigkeiten als Diskrepanzerfahrung thematisiert werden, stellt sie ausgewählte Interviewausschnitte mit einer Frau und einem Mann vor, die als wissenschaftliche Mitarbeiter im Bereich der Geschlechterforschung tätig sind. In den Interviews wird deutlich, dass die Herstellung von Schönheit, Jugendlichkeit, Gesundheit und Fitness mit Glücks- und Heilversprechen ausgestattet sind, die jedoch nur durch eine disziplinierte und ausdauernde Arbeit am eigenen Erscheinungsbild, z.B. durch die Techniken der Körperformung in Fitnessstudios, einzulösen sind. In der gezielten Bearbeitung des Körpers ist das Geschlecht ein höchst relevanter Faktor, durch welchen inkorporierte Bilder von Weiblichkeit und Männlichkeit in äußerer Haltung erzeugt, verstärkt und als scheinbar natürlicher Körperausdruck visualisiert werden. (ICI2)
Feministischer Guerilla-Krieg oder materialistischer Konstruktivismus?
Titelübersetzung:Feminist guerilla war or materialistic constructivism?
Autor/in:
Villa, Paula-Irene
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Differenz und Integration; Opladen, 1997. S 131-136
Inhalt: "Im Zuge der gegenwärtigen feministischen Debatten um eine neue und nicht-essentialistische Formulierung weiblicher (als eine Form geschlechtlicher) Identität rücken andere strukturelle Dimensionen von Subjektivität zunehmend in den Blick. Wenn 'Frau' ein positionaler Begriff ist (Alcoff/ de Lauretis), müssen die jeweiligen Positionen, die uns zu dem machen, was wir sind, in ihrer gegenseitigen Wechselwirkung und Bedingtheit analysiert werden. Diese Positionen können als zumindest drei strukturelle Differenzen konzeptualisiert werden: Klasse, Geschlecht und Ethnizität. In diesem Vortrag sollen systematische Defizite der gegenwärtigen (De)Konstruktivistischen Debatte um Geschlecht ausgeleuchtet werden, wobei das Augenmerk auf die Vernachlässigung der gesellschaftstheoretischen Dimension im Sinne des ungleichen Zugangs zu Ressourcen) liegt. Die gegenwärtige Verengung auf den 'diskursiven Guerilla-Krieg' kann durch eine entsprechende Versöhnung zwischen der Analyse symbolischer Strukturen einerseits und soziostruktureller/materieller Kontexte andererseits überwunden werden. Zu diesem Zwecke wird der Leib als Knotenpunkt von Biologischem, Symbolischen und Sozialem (Braidotti) eingeführt und die These vertreten, daß sich soziale Differenzen als sichtbare Mobilisierung von Ressourcen denken lasssen. Hierfür wird auf das Habitus-Konzept von Bourdieu als "leiblich-affektiver praktischer Sinn' zurückgegriffen. Dadurch kann der feministische Konstruktivismus soziologisch-materialistisch gewendet werden." (Autorenreferat)