Quelle: Comparative Population Studies - Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft, 39 (2014) 1, S 73-98
Inhalt: "Der vorliegende Artikel geht der Frage nach, inwiefern sich in Deutschland sowohl auf Haushalts- als auch auf Personenebene von einer Pluralisierung der privaten Lebensformen bis in die jüngste Gegenwart hinein sprechen lässt. Hierfür werden Daten des Mikrozensus und der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) der letzten Jahrzehnte ausgewertet. Auf Haushaltsebene werden nach dem Familienstand und der Generationenanzahl im Haushalt acht Lebensformen unterschieden. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Pluralisierung der Lebensformen hauptsächlich zwischen 1972 und 1996 stattgefunden hat, während in den letzten 20 Jahren die Vielfalt in den alten Bundesländern unverändert geblieben und in Ostdeutschland sogar leicht gesunken ist. Ein anderes Bild ergibt sich, wenn man Ein- und Zweigenerationenhaushalte gesondert betrachtet. Hierbei zeigt sich, dass Lebensformen mit Kindern auch in jüngster Zeit vielfältiger wurden, was hauptsächlich auf den Rückgang verheirateter Paare mit Kindern zurückzuführen ist. Auf Personenebene wurde die Klassifizierung der Lebensformen um das Merkmal der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung erweitert, da als ein ausschlaggebender Faktor für den Wandel des familialen Sektors die veränderte Rolle der Frau gesehen wird. Die Befunde weisen auf eine beständige Zunahme der Vielfalt der Lebensformen hin. Ursächlich für diese Pluralisierung des familialen Sektors ist vor allem der Bedeutungsverlust des männlichen Ernährermodells. Dieser Trend ist in Ostdeutschland deutlicher als im Westen. Eine Kohortenanalyse zeigt darüber hinaus eine Zweigipfligkeit der Vielfalt auf der Altersachse: Die Entropie erreicht bei etwa 30 sowie 60 Jahren Höchstwerte, weil es hier häufig zu einem Wechsel der Lebensform kommt. So wird um das 30. Lebensjahr besonders häufig geheiratet und im sechsten Lebensjahrzehnt konzentriert sich der Übergang in die Phase des 'leeren Nests'. Auch die Kohortenanalyse ergibt für die meisten Altersgruppen, dass die Vielfalt der Lebensformen bei den jüngeren Geburtsjahrgängen höher ist als bei den älteren." (Autorenreferat)
Inhalt: "This paper investigates to what extent a pluralisation of living arrangements can be observed in Germany up to the present day - both on the household level as well as the individual level. The analyses are based on data from the microcensus and the German General Social Survey (ALLBUS) from the last decades. On the household level, eight different living arrangements are distinguished depending on the marital status and the number of generations living in the house-hold. The results show that pluralisation mainly occurred between 1972 and 1996. In contrast, the diversity of living arrangements in West Germany has remained unchanged during the last 20 years, and it even slightly decreased in East Germany. A different picture emerges when separately looking at one-generation and two-generation households. Living arrangements with children have also diversified in recent years, which is mainly the result of less married couples with children. On the individual level, the classification of living arrangements was extended by the characteristic gender-specific division of labour, since the changed role of women is seen as the crucial factor for the changes in the familial sector. The results indicate a continuous pluralisation of living arrangements. This pluralisation of the familial sector is mainly caused by the male breadwinner model losing importance. This trend is more pronounced in East Germany than in West Germany.A cohort analysis reveals a bimodal distribution of diversity on the age-axis: entropy is highest around the ages of 30 and 60, since living arrangements often change at these points. Individuals often marry around the age of 30, and the transition to an "empty nest" mostly occurs around the age of 60. The cohort analysis for different age groups shows that the diversity of living arrangements is generally higher amongst younger cohorts than amongst older cohorts." (author's abstract)
Schlagwörter:Federal Republic of Germany; sozialer Wandel; way of life; pluralism; family; Lebensweise; family member; social change; Familie; Familienangehöriger; Pluralismus
Fertilität in Österreich, Deutschland und der Schweiz: gibt es ein gemeinsames Muster?
Titelübersetzung:Fertility in Austria, Germany and Switzerland: is there a common pattern?
Autor/in:
Sobotka, Tomáš
Quelle: Comparative Population Studies - Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft, 36 (2011) 2-3, S 305-348
Inhalt: Dieser Artikel betrachtet wesentliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Perioden- und Kohortenfertilität in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Diese drei Länder haben eine lange gemeinsame Geschichte mit geringer Fertilität und gehören gegenwärtig zu den Ländern mit den niedrigsten Kohortenfertilitätsziffern der Welt. Die Studie beleuchtet die immer noch bestehenden Unterschiede von Fertilitäts- und Familienstrukturen zwischen Ost- und Westdeutschland, die ihren Ursprung in den Gegensätzen vor der Wiedervereinigung haben und teilweise den weiter bestehenden unterschiedlichen Normen und Rahmenbedingungen in Bezug auf Kinderbetreuung, Lebensformen und Müttererwerbstätigkeit zugeordnet werden können. Die bemerkenswert stabile Periodenfertilität während der letzten 30 Jahre (ausgenommen Ostdeutschland) wird mit Hilfe verschiedener Indikatoren dargestellt und vor dem Hintergrund der jüngsten Umkehr der Fertilitätsentwicklungen in Europa diskutiert. Diese Stabilität der Fertilitätsniveaus kontrastiert mit dem langfristigen Trend, dass Geburten in weniger stabilen Lebensformen (insbesondere in Ostdeutschland) zunehmen, einschließlich eines hohen Anteils an alleinerziehenden Müttern. Die Studie beschäftigt sich auch mit dem relativ geringen, aber beständigen negativen Einfluss des gegenwärtigen Aufschubs hin zu einer späteren Geburt auf die Periodenfertilität in dieser Region. Sie stellt den Bildungsgradienten in Bezug auf die Fertilität in den Vordergrund, der weitestgehend dem erhöhten Anteil Kinderloser bei Frauen mit einem höheren Bildungsabschluss zuzuordnen ist. Generell haben Migrantinnen höhere Geburtenziffern als im Inland geborene Frauen, aber per saldo hat diese positive Auswirkung auf die Gesamtgeburtenziffer abgenommen und kann für Deutschland vernachlässigt werden. Eine abschließende Diskussion deutet darauf hin, dass Österreich, Deutschland und die Schweiz ein gemeinsames Muster der Fertilität auf einem niedrigen Niveau aufweisen, was diese Länder von anderen Regionen Europas unterscheidet. Online-Anhang: s. http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bib-cpos-2011-12de5.
Inhalt: This article reviews major similarities and differences in period and cohort fertility in Austria, Germany and Switzerland. These three countries share a long history of low fertility and currently belong to countries with the lowest cohort fertility rates globally. The study highlights persistent differences in fertility and family patterns between Eastern and Western Germany, which are often rooted in pre-unification contrasts and can be partly linked to continuing differences in institutional set-up and norms on organised childcare, living arrangements and maternal employment. The remarkable stability in period fertility over the last 30 years (with the exception of Eastern Germany) is illustrated with various indicators and discussed on the backdrop of recent reversals in European fertility trends. This stability in fertility levels contrasts with the long-term shift in childbearing towards less stable living arrangements (especially in Eastern Germany), including a high share of single mothers. The study also discusses a relatively small but persistent negative impact of the ongoing shift towards a late timing of childbearing on period fertility in the region. It highlights the educational gradient in fertility, which can be largely attributed to elevated childlessness rates among women with a higher educational degree. Migrant women have on average higher fertility rates than “native-born” women, but their net positive impact on aggregate fertility rates has diminished over time and has become negligible in Germany. A concluding discussion suggests that Austria, Germany and Switzerland share a common pattern of low fertility that sets these countries apart from other regions in Europe.
Fertility in Austria, Germany and Switzerland: is there a common pattern?
Titelübersetzung:Fertilität in Österreich, Deutschland und der Schweiz: gibt es ein gemeinsames Muster?
Autor/in:
Sobotka, Tomáš
Quelle: Comparative Population Studies - Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft, 36 (2011) 2-3, S 263-304
Inhalt: Dieser Artikel betrachtet wesentliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Perioden- und Kohortenfertilität in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Diese drei Länder haben eine lange gemeinsame Geschichte mit geringer Fertilität und gehören gegenwärtig zu den Ländern mit den niedrigsten Kohortenfertilitätsziffern der Welt. Die Studie beleuchtet die immer noch bestehenden Unterschiede von Fertilitäts- und Familienstrukturen zwischen Ost- und Westdeutschland, die ihren Ursprung in den Gegensätzen vor der Wiedervereinigung haben und teilweise den weiter bestehenden unterschiedlichen Normen und Rahmenbedingungen in Bezug auf Kinderbetreuung, Lebensformen und Müttererwerbstätigkeit zugeordnet werden können. Die bemerkenswert stabile Periodenfertilität während der letzten 30 Jahre (ausgenommen Ostdeutschland) wird mit Hilfe verschiedener Indikatoren dargestellt und vor dem Hintergrund der jüngsten Umkehr der Fertilitätsentwicklungen in Europa diskutiert. Diese Stabilität der Fertilitätsniveaus kontrastiert mit dem langfristigen Trend, dass Geburten in weniger stabilen Lebensformen (insbesondere in Ostdeutschland) zunehmen, einschließlich eines hohen Anteils an alleinerziehenden Müttern. Die Studie beschäftigt sich auch mit dem relativ geringen, aber beständigen negativen Einfluss des gegenwärtigen Aufschubs hin zu einer späteren Geburt auf die Periodenfertilität in dieser Region. Sie stellt den Bildungsgradienten in Bezug auf die Fertilität in den Vordergrund, der weitestgehend dem erhöhten Anteil Kinderloser bei Frauen mit einem höheren Bildungsabschluss zuzuordnen ist. Generell haben Migrantinnen höhere Geburtenziffern als im Inland geborene Frauen, aber per saldo hat diese positive Auswirkung auf die Gesamtgeburtenziffer abgenommen und kann für Deutschland vernachlässigt werden. Eine abschließende Diskussion deutet darauf hin, dass Österreich, Deutschland und die Schweiz ein gemeinsames Muster der Fertilität auf einem niedrigen Niveau aufweisen, was diese Länder von anderen Regionen Europas unterscheidet.
Inhalt: This article reviews major similarities and differences in period and cohort fertility
in Austria, Germany and Switzerland. These three countries share a long history of
low fertility and currently belong to countries with the lowest cohort fertility rates
globally. The study highlights persistent differences in fertility and family patterns
between Eastern and Western Germany, which are often rooted in pre-unification contrasts
and can be partly linked to continuing differences in institutional set-up and norms
on organised childcare, living arrangements and maternal employment. The remarkable
stability in period fertility over the last 30 years (with the exception of Eastern
Germany) is illustrated with various indicators and discussed on the backdrop of recent
reversals in European fertility trends. This stability in fertility levels contrasts
with the long-term shift in childbearing towards less stable living arrangements (especially
in Eastern Germany), including a high share of single mothers. The study also discusses
a relatively small but persistent negative impact of the ongoing shift towards a late
timing of childbearing on period fertility in the region. It highlights the educational
gradient in fertility, which can be largely attributed to elevated childlessness rates
among women with a higher educational degree. Migrant women have on average higher
fertility rates than “native-born” women, but their net positive impact on aggregate
fertility rates has diminished over time and has become negligible in Germany. A concluding
discussion suggests that Austria, Germany and Switzerland share a common pattern of
low fertility that sets these countries apart from other regions in Europe.
Zur Entwicklung der durchschnittlichen gemeinsamen Lebenszeit von Drei- und Vier-Generationen-Familien in West- und Ostdeutschland - eine Modellrechnung
Titelübersetzung:On developments in the mean joint lifetimes of three- and four-generation families in Western and Eastern Germany - a model calculation
Autor/in:
Grünheid, Evelyn; Scharein, Manfred Georg
Quelle: Comparative Population Studies - Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft, 36 (2011) 1, S 3-39
Inhalt: Dieser Beitrag befasst sich mit der Frage, wie sich einerseits die hohe Lebenserwartung und andererseits das steigende Gebäralter auf die gemeinsame Lebenszeit von drei bzw. vier Generationen auswirken und zukünftig entwickeln werden. Dazu werden aus amtlichen Daten für Mortalität und Fertilität Indikatoren für die durchschnittliche gemeinsame Lebenszeit von Drei- und Vier-Generationen-Familien abgeleitet. Auf Grund der komplizierten Datenlage muss eine Eingrenzung auf die weibliche Generationenfolge – und hierbei auf die Betrachtung des jeweils erstgeborenen Kindes – vorgenommen werden. Die Indikatoren besitzen den Charakter von Modellrechnungen, deshalb dienen sie vor allem dem Aufzeigen von (zukünftigen) Trends zur Entwicklung der durchschnittlichen gemeinsamen Lebenszeit. Berechnet werden die Indikatoren für die durchschnittlich verbrachte gemeinsame Lebenszeit von Drei-Generationen-Familien für den Zeitraum von 1990 bis 2060 und von Vier-Generationen-Familien für den Zeitraum von 2010 bis 2060. Im Ergebnis zeigen die Berechnungen für Westdeutschland einen Anstieg der gemeinsam verbrachten Lebenszeit bei drei Generationen bis zu etwa 35 Jahren im Jahr 2000, um danach kontinuierlich auf einen Wert von rund 30 Jahren abzusinken. Für vier Generationen ergibt sich ein ähnlicher Trendverlauf, jedoch ist dieser um rund 30 Jahre in Richtung Zukunft verschoben und erreicht in etwa zwischen 2030 und 2040 den höchsten Wert mit rund sieben bis zehn Jahren. Für Ostdeutschland mit seinem in der Vergangenheit und Gegenwart noch jüngeren Gebäralter der Frauen liegt der Höhepunkt der gemeinsam verbrachten Lebensjahre von drei Generationen am Anfang des Beobachtungszeitraumes (etwa um 1990) bei knapp 40 Jahren. Danach fällt dieser Indikator kontinuierlich. Der Indikator für die durchschnittlich gemeinsam verbrachten Jahre von Vier-Generationen-Familien erreicht hingegen mit einem Wert von 12 bis 14 Jahren voraussichtlich um das Jahr 2020 seinen Höhepunkt. Im Anschluss daran ist auch in Ostdeutschland mit einem Rückgang der gemeinsamen Lebenszeit der Vier-Generationen-Familien zu rechnen. Insgesamt weisen die Trends der Indikatoren darauf hin, dass aus der längeren Lebenserwartung nicht unbedingt auf eine längere gemeinsame Lebenszeit der Generationen und auf ein Ansteigen der Vier-Generationen-Familien geschlossen werden kann. Eher scheint die Drei-Generationen-Familie auch in diesem Jahrhundert die entscheidende familiäre Generationen-Konstellation zu bleiben.
Inhalt: This article tackles the question of how, on the one hand, the high life expectancy and, on the other, the increasing age of mothers at childbirth will impact the joint lifetime of three and four generations and will develop in future. To this end, indicators are derived from the official data on mortality and fertility for the mean joint lifetimes of three- and four-generation families. Because of the complicated data available, the investigation will be restricted to the female succession of generations, and here to an observation of the first-born child in each case. The indicators act as model calculations, which is why they serve above all to indicate (future) developments in mean joint lifetimes. The indicators are calculated for the average jointly-spent lifetime of three-generation families for the period from 1990 to 2060, and of four-generation families for the period from 2010 to 2060. The result of the calculations for Western Germany show an increase in the jointly-spent lifetime of three generations of up to roughly 35 years in 2000, after which that the figure falls continually to a value of roughly 30 years. A similarly developing trend emerges for four generations, but this is delayed by roughly 30 years towards the future, and reaches the highest value around 2030 to 2040, at roughly seven to ten years. For Eastern Germany, with its even younger age of women at childbirth in both the past and in the present, the maximum jointly-spent life years of three generations at the beginning of the observation period (roughly around 1990) is almost 40 years, after which this indicator falls continuously. The indicator of the average jointly-spent years of four-generation families, by contrast, probably reaches a maximum around 2020, with a value of 12 to 14 years. Also after this, one may anticipate a reduction in the joint lifetimes of four-generation families in Eastern Germany. All in all, the trends of the indicators denote that one may not necessarily conclude from the longer life expectancy that the generations will have a longer joint lifetime, nor that the number of four-generation families will increase. Rather, the three-generation family also appears to remain the decisive generational composition of families in this century.
Schlagwörter:Bevölkerungsentwicklung; population statistics; birth trend; alte Bundesländer; fertility; Intergenerational relations; old federal states; demographic situation; mathematical modeling; reproductive behavior; demographische Lage; Modellrechnung; Federal Republic of Germany; Mehrgenerationenfamilie; Geburtenentwicklung; neue Bundesländer; New Federal States; generational family; Fruchtbarkeit; Lebenserwartung; generatives Verhalten; Geburtenfolge; fertility rate; life expectancy; Familie; population development; Bevölkerungsstatistik; family; Generationenverhältnis; Geburtenhäufigkeit; birth order; Generationenkonstellation; generation interval; composition of generations in family enerationenfamiliestructure; multigenerational family; model calculation
SSOAR Kategorie:Familiensoziologie, Sexualsoziologie, Bevölkerung
Gleiches Ausmaß, unterschiedliche Formen des partnerschaftlichen Zusammenlebens: eine Kohortenanalyse für Ost- und Westdeutschland
Autor/in:
Lengerer, Andrea
Quelle: Informationsdienst Soziale Indikatoren, (2011) 45, S 11-15
Inhalt: "In Westdeutschland findet schon seit geraumer Zeit ein Wandel partnerschaftlicher Lebensformen
statt. Der genaue Verlauf dieses Wandels und die Frage seiner Deutung sind zwar nach wie vor umstritten. Klar ist aber, dass die Verbreitung der Ehe abgenommen hat, weil immer später im Lebensverlauf und seltener geheiratet wird. Gleichzeitig hat sich die nichteheliche Lebensgemeinschaft als weitere Form des Zusammenlebens mit einem Partner etabliert. So gesehen sind die partnerschaftlichen Lebensformen vielfältiger geworden. Auch das Leben ohne Partner hat in bestimmten Lebensphasen zugenommen." (Autorenreferat)
Schlagwörter:way of life; alte Bundesländer; Ehe; marriage; life career; Alleinstehender; Lebensweise; old federal states; Familie; partnership; Federal Republic of Germany; sozialer Wandel; family; neue Bundesländer; Partnerschaft; Lebenslauf; single; gender-specific factors; social change; New Federal States; nichteheliche Lebensgemeinschaft; domestic partnership
SSOAR Kategorie:Familiensoziologie, Sexualsoziologie, Bevölkerung
Job-induced commuting between two residences - characteristics of a multilocational living arrangement in the late modernity
Titelübersetzung:Berufsbedingtes Pendeln zwischen zwei Wohnsitzen – Merkmale einer multilokalen Lebensform in der Spätmoderne
Autor/in:
Reuschke, Darja
Quelle: Comparative Population Studies - Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft, 35 (2010) 1, S 107-134
Inhalt: Vor dem Hintergrund der andauernden Flexibilisierung der Arbeitsmärkte und einer steigenden (hoch-)qualifizierten Frauenerwerbstätigkeit hat das beruflich bedingte Pendeln zwischen einem Haupt- und Zweitwohnsitz in westlichen Industrieländern wie Deutschland an Bedeutung gewonnen. Die wenigen Studien über diese Art multilokaler Lebensführung beziehen sich nahezu vollständig auf Pendler/innen („Shuttles“) in Paar- bzw. Familienhaushalten. Der Artikel verfolgt das Ziel, erstens, Merkmale und Entstehungskontexte von berufsbedingten multilokalen Haushaltsorganisationen im Allgemeinen zu untersuchen und damit einen Beitrag zur aktuellen Diskussion über die Ausprägungen und Ursachen dieses gegenwärtig bedeutenden Phänomens zu leisten. Zweitens wird die multilokale Lebensform mit „traditionellen“ Fernwandernden verglichen, um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wer und unter welchen Umständen das berufliche Pendeln zwischen zwei Wohnsitzen einem Umzug mit dem gesamten Haushalt vorzieht. Der Beitrag bezieht sich auf Daten einer Primärerhebung, in der eine Zufallsstichprobe von Personen aus dem Einwohnermelderegister von vier deutschen Metropolen gezogen wurde. Die Grundgesamtheit ist auf Individuen mit spezifischen Merkmalen (Zuwandernde zwischen 25 bis 59 Jahren) begrenzt. Die Ergebnisse der standardisierten postalischen Befragung wurden durch qualitative Telefoninterviews mit ausgewählten Shuttles vertieft. Die Ergebnisse zeigen, dass es sich bei Shuttles um eine heterogene Gruppe handelt. Das Leben in einer Partnerschaft und die damit verbundenen sozialen Bindungen spielen für multilokale Haushaltsorganisationen eine entscheidende Rolle. Unter den männlichen Pendlern kann eine Gruppe junger, lediger und meist kinderloser Männer und eine Gruppe älterer, verheirateter Pendler mit Kindern im Haushalt identifiziert werden. Die große Mehrheit der weiblichen Shuttles lebt dagegen kinderlos. Weil Männer auch in einer Lebensgemeinschaft mit Kind zwischen zwei Wohnsitzen pendeln, haben sie signifikant öfter als Frauen einen berufsbedingten Zweitwohnsitz. Spätmoderne Ausprägungen beruflich bedingter multilokaler Lebensmuster sind doppelerwerbstätige Haushalte für männliche Pendler und hohe berufliche Stellungen für Pendlerinnen. Das Pendeln zwischen zwei Wohnsitzen ist einerseits mit dem Berufseinstieg eng verbunden und spielt andererseits auch in einer späteren Berufsphase für eine zum Teil länger andauernde Periode eine bedeutende Rolle. Es ist anzunehmen, dass die Bedeutungszunahme befristeter Beschäftigung zu einem Anstieg multilokaler Lebensformen in der Spätmoderne führt.
Inhalt: Against the background of the ongoing flexibilisation of labour markets and a rising labour force participation of (highly) qualified women, job-related commuting between a main and secondary residence has become more important in Western capitalist countries as is the case in contemporary Germany. The limited number of recent empirical studies on this kind of multilocational living arrangement almost entirely focuses on commuters in couple/family households. The main objective of this article is, firstly, to provide data about the characteristics and formation contexts of job-related multilocational household organisations as a whole, in order to make a contribution to the discussion of the forms and causes of this currently important phenomenon. Secondly, by means of comparison analyses, the multilocational form of living is compared to the group of long-distance movers, in order to provide insights into who prefers commuting to migration with the complete household under which circumstances. The article draws on data of a field research study, which have been obtained from an individual based random sample from official registers of inhabitants of four metropolises in Germany. The sample was restricted to individuals with specific characteristics (in-movers, age 25 to 59). The fully structured postal interviews were complemented by qualitative telephone interviews with selected commuters. The results show that commuters are a heterogeneous group. Living in a partnership and the social connections established thereby play a prominent role for multilocational household organisations. Among male commuters, one can distinguish between those who are young, never married and predominantly childless, on the one hand, and a group of older married commuters with children in the household, on the other. The vast majority of female commuters, however, live childless. As men commute between two residences even if they live with a family, they significantly more often have a job-related secondary residence than women. Late modern characteristics of job-related multilocational living arrangements are dual earner households for male commuters and high occupational positions for female commuters. The commuting between two accommodations is strongly connected to the career entry, on the one hand, and is also important in a later occupational career phase as a partly longer-lasting period, on the other hand. It may be suggested that the rise of fix-term employment will further increase the importance of multilocational living arrangements in Late Modernity.
Berufsbedingtes Pendeln zwischen zwei Wohnsitzen - Merkmale einer multilokalen Lebensform in der Spätmoderne
Titelübersetzung:Job-induced commuting between two residences - characteristics of a multilocational living arrangement in the late modernity
Autor/in:
Reuschke, Darja
Quelle: Comparative Population Studies - Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft, 35 (2010) 1, S 135-164
Inhalt: Vor dem Hintergrund der andauernden Flexibilisierung der Arbeitsmärkte und einer steigenden (hoch-)qualifizierten Frauenerwerbstätigkeit hat das beruflich bedingte Pendeln zwischen einem Haupt- und Zweitwohnsitz in westlichen Industrieländern wie Deutschland an Bedeutung gewonnen. Die wenigen Studien über diese Art multilokaler Lebensführung beziehen sich nahezu vollständig auf Pendler/innen ('Shuttles') in Paar- bzw. Familienhaushalten. Der Artikel verfolgt das Ziel, erstens, Merkmale und Entstehungskontexte von berufsbedingten multilokalen Haushaltsorganisationen im Allgemeinen zu untersuchen und damit einen Beitrag zur aktuellen Diskussion über die Ausprägungen und Ursachen dieses gegenwärtig bedeutenden Phänomens zu leisten. Zweitens wird die multilokale Lebensform mit "traditionellen" Fernwandernden verglichen, um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wer und unter welchen Umständen das berufliche Pendeln zwischen zwei Wohnsitzen einem Umzug mit dem gesamten Haushalt vorzieht. Der Beitrag bezieht sich auf Daten einer Primärerhebung, in der eine Zufallsstichprobe von Personen aus dem Einwohnermelderegister von vier deutschen Metropolen gezogen wurde. Die Grundgesamtheit ist auf Individuen mit spezifischen Merkmalen (Zuwandernde zwischen 25 bis 59 Jahren) begrenzt. Die Ergebnisse der standardisierten postalischen Befragung wurden durch qualitative Telefoninterviews mit ausgewählten Shuttles vertieft. Die Ergebnisse zeigen, dass es sich bei Shuttles um eine heterogene Gruppe handelt. Das Leben in einer Partnerschaft und die damit verbundenen sozialen Bindungen spielen für multilokale Haushaltsorganisationen eine entscheidende Rolle. Unter den männlichen Pendlern kann eine Gruppe junger, lediger und meist kinderloser Männer und eine Gruppe älterer, verheirateter Pendler mit Kindern im Haushalt identifiziert werden. Die große Mehrheit der weiblichen Shuttles lebt dagegen kinderlos. Weil Männer auch in einer Lebensgemeinschaft mit Kind zwischen zwei Wohnsitzen pendeln, haben sie signifikant öfter als Frauen einen berufsbedingten Zweitwohnsitz. Spätmoderne Ausprägungen beruflich bedingter multilokaler Lebensmuster sind doppelerwerbstätige Haushalte für männliche Pendler und hohe berufliche Stellungen für Pendlerinnen. Das Pendeln zwischen zwei Wohnsitzen ist einerseits mit dem Berufseinstieg eng verbunden und spielt andererseits auch in einer späteren Berufsphase für eine zum Teil länger andauernde Periode eine bedeutende Rolle. Es ist anzunehmen, dass die Bedeutungszunahme befristeter Beschäftigung zu einem Anstieg multilokaler Lebensformen in der Spätmoderne führt.
Inhalt: Against the background of the ongoing flexibilization of labor markets and a rising labor force participation of (highly) qualified women, job-related commuting between a main and secondary residence has become more important in Western capitalist countries as is the case in contemporary Germany. The limited number of recent empirical studies on this kind of multilocational living arrangement almost entirely focuses on commuters in couple/ family households. The main objective of this article is, firstly, to provide data about the characteristics and formation contexts of job-related multilocational household organizations as a whole, in order to make a contribution to the discussion of the forms and causes of this currently important phenomenon. Secondly, by means of comparison analyses, the multilocational form of living is compared to the group of long-distance movers, in order to provide insights into who prefers commuting to migration with the complete household under which circumstances. The article draws on data of a field research study, which have been obtained from an individual based random sample from official registers of inhabitants of four metropolises in Germany. The sample was restricted to individuals with specific characteristics (in-movers, age 25 to 59). The fully structured postal interviews were complemented by qualitative telephone interviews with selected commuters. The results show that commuters are a heterogeneous group. Living in a partnership and the social connections established thereby play a prominent role for multilocational household organizations. Among male commuters, one can distinguish between those who are young, never married and predominantly childless, on the one hand, and a group of older married commuters with children in the household, on the other. The vast majority of female commuters, however, live childless. As men commute between two residences even if they live with a family, they significantly more often have a job-related secondary residence than women. Late modern characteristics of job-related multilocational living arrangements are dual earner households for male commuters and high occupational positions for female commuters. The commuting between two accommodations is strongly connected to the career entry, on the one hand, and is also important in a later occupational career phase as a partly longer-lasting period, on the other hand. It may be suggested that the rise of fix-term employment will further increase the importance of multilocational living arrangements in Late Modernity.
Reproduktive Kulturen: die Regeln des angemessenen Umgangs mit Fertilität, reproduktiven Technologien und Geschlechterbeziehungen im Lebenslauf
Titelübersetzung:Reproductive cultures: the rules relating to correct handling of fertility, reproductive technologies and gender relationships in the life career
Autor/in:
Helfferich, Cornelia
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 441-454
Inhalt: "Die individuelle Gestaltung des reproduktiven Lebenslaufs und die Nutzung von reproduktionsbezogenen Technologien dabei, von der Pille über den Schwangerschaftsabbruch bis zur Reproduktionsmedizin, sind untrennbar verbunden mit der Ausgestaltung von Geschlechterbeziehungen im Lebenslauf. In der kritischen Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Ansätzen, die reproduktives Handeln unter der Geschlechterperspektive oder in seiner biografischen Dimension analysieren, und auf der Basis von eigenen empirischen (standardisierten und qualitativen) Studien zu Familienplanung im Lebenslauf wurde das Konzept der 'reproduktiven Kulturen' entwickelt (in Anlehnung an die 'Somatischen Kulturen' bei Boltanski). Es enthält eine sozialgruppenspezifische Rekonstruktion der 'Regeln des angemessenen Umgangs mit der Reproduktion' und ebenso der 'Regeln der angemessenen, altersabhängigen Gestaltung der Geschlechterbeziehungen'. Es verspricht zudem sowohl eine Rückbindung an die materiellen Lebensumstände und Modernisierungsprozesse, als auch eine sinnhafte Einbettung der Einstellungen zu und der Anwendungspraxis von reproduktiven Technologien. Sozialgruppenspezifische reproduktive Kulturen beinhalten unter anderem Vorstellungen von der Bedeutung des Übergang in Elternschaft als Markierung des männlichen/ weiblichen Erwachsenenstatus, verbunden z.B. mit einer Verstetigung des Lebenslaufs, Vorstellungen von einem richtigen Zeitpunkt für den Übergang, eine Konzipierung von Elternschaft als biografischem Risiko oder als Absicherung und schließlich die Praxis des Neuarrangements von geschlechtskonnotierten 'Territorien' (Krüger, exemplarisch: Haushalt und Beruf) in diesem Übergang. Darauf lassen sich die Vorstellungen von der Verfügbarkeit der Natur, der Angemessenheit der Nutzung von Reproduktionstechnologien und der Nötigkeit und Möglichkeit der Planung von Kindern beziehen. Es zeigt sich, dass die Gebrochenheit und Begrenztheit solcher Planungsvorstellungen, die über Geburtenkontrolle hinaus auf eine rationale Produktion von Kindern zielen, in den sozialgruppenspezifischen Widersprüchen und Aporien der Gestaltung der Geschlechterbeziehungen im Lebenslauf wurzeln und allgemeiner in der De-Institutionalisierung von Familie als 'entworfenem' und mit 'Langsicht' gestaltetem 'Projekt' als Teil der De-Institutionalisiserung des Lebenslaufs (Kohli)." (Autorenreferat)
Geburtenplanung, soziale Ungleichheit und Geschlecht: das Beispiel Stuttgart während der Industrialisierung
Titelübersetzung:Birth planning, social inequality and gender: the example of Stuttgart during industrialization
Autor/in:
Müller, Rita; Schraut, Sylvia
Quelle: Historical Social Research, 32 (2007) 2, S 111-136
Inhalt: 'Das Modell der Demographischen Transition und die demographische Forschung zum Geburtenrückgang im späten 19. und während des 20. Jahrhunderts beschäftigen sich zwar mit grundlegenden menschlichen Verhaltensweisen, das Geschlecht der Akteure spielt in den Analysen jedoch bestenfalls eine untergeordnete Rolle. Zumeist wird Familienplanung nicht als Ergebnis bewusster Entscheidungen von Paaren, von Männern und Frauen diskutiert. Der Beitrag kombiniert ausgewählte demographische Ergebnisse mit Überlegungen zu Genderaspekten des Modells der Demographischen Transition. Als Grundlage dient ein Datensatzes mit ca. 5000 Rekonstitutionen von Stuttgarter Familien (1830-1910). Er beinhaltet Informationen zum Heiratsverhalten, zu Gebürtigkeit und Sterblichkeit, aber auch zur beruflichen und sozialen Lage. Die Analyse der Stuttgarter Daten belegt die Vorreiterrolle der frühbürgerlichen gebildeten Angestellten- und Beamtenschaft, des Kerns des sich im Laufe des 19. Jahrhunderts ausformenden Bildungsbürgertums. Die Kombination des (männlichen) Berufs mit der geschlechtsspezifischen Aufgabenteilung in Erwerbsarbeit und Haushaltsorganisation, die diese soziale Gruppierung charakterisieren, lenkt den Blick auf den kulturellen Hintergrund individueller geburtenplanerischer Beweggründe und auf die demographischen Folgen der Durchsetzung des bürgerlichen Geschlechtermodells. Deutlich sichtbar wird auch die Rolle von Frauen bei innerfamiliären Entscheidungen in geburtenplanerischer Absicht.' (Autorenreferat)
Inhalt: 'The model of demographic transition and the research about fertility decline deals with elementary human behaviour but it seems to be 'without gender'. In general, family-planning is not treated as a question of conscious decisions of couples, women and men. Constructing a model of the demographic transition which takes into account gender, it is necessary to combine this model with findings from social history, gender history and cultural history with regard to the processes of the rise of a bourgeois middle class with special forms of organization work and family. This paper puts up some demographic results for discussion combined with questions of gender and demographic transition mentioned above. As source the authors can use a demographic database on 5,000 nineteenth-century families out of Stuttgart (1830-1910) containing data on marriage behaviour, births, and mortality, as well as numerous other data. The results demonstrate the importance and pioneering role of the early modern educated civil servants - the core of what was to become the modern educated middle class. Combining profession and the gender-specific division of work and family's household in this social group, they can show cultural patterns of motivation to reduce births and the demographic results of the inforcement of the bourgeois gender model. Above all, the authors can show the importance of women in decision making about birth control.' (author's abstract)
Schlagwörter:20. Jahrhundert; Industrialisierung; gender relations; Bevölkerungsentwicklung; Planung; Arbeitsteilung; birth; wedding; Familienplanung; Heirat; Demographie; demography; Hausarbeit; kulturelle Faktoren; housework; Stadt; large city; gainful work; Großstadt; family planning; Verhalten; 19. Jahrhundert; cultural factors; Erwerbsarbeit; behavior; planning; division of labor; mortality; Familie; industrialization; population development; Geburt; town; Geschlechterverhältnis; Sterblichkeit; German Empire; family; Deutsches Kaiserreich; twentieth century; bourgeois society; nineteenth century; bürgerliche Gesellschaft
SSOAR Kategorie:Familiensoziologie, Sexualsoziologie, Sozialgeschichte, historische Sozialforschung, Bevölkerung
Quelle: Europa Regional, 13.2005 (2005) 2, S 46-57
Inhalt: Nachdem die Bevölkerung Bulgariens im Jahr 1989 ihr bisheriges Maximum von 8.992.000 Menschen erreicht hatte, erwartete man, dass die 9 Mio. Marke im Jahr 1990 überschritten würde. Stattdessen wurde das Jahr 1989 zu einem Wendepunkt in der Bevölkerungsentwicklung des Landes. Seitdem nimmt die Bevölkerungszahl kontinuierlich ab - Ende des Jahres 2003 betrug sie 7,8 Mio. Der Hauptgrund für die als "schwere demographische Krise" zu bezeichnende Entwicklung ist die infolge des politischen und wirtschaftlichen Systemwechsels entstandene allgemeine ökonomische und soziale Unsicherheit, die abrupt eintrat und der Bevölkerung einen Schock versetzte. Die derzeitige demographische Situation in Bulgarien ist aufgrund der anhaltend niedrigen Geburtenraten und der zunehmenden Überalterung der Bevölkerung im europa- und weltweiten Vergleich als ungünstig einzuschätzen. Sollten die Trends des letzten Jahrzehnts anhalten, so hätte Bulgarien im Jahr 2020 nur noch zwischen 6,9 und 7,4 Mio. Einwohner. Wurden die Bevölkerungsverluste zu Beginn der 1990er Jahre vor allem durch Emigrationswellen großen Umfangs verursacht, resultiert die Abnahme der Gesamtbevölkerung zunehmend aus der negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung. Sowohl die Geburten- und Sterberate als auch die Säuglingssterblichkeit und das natürliche Bevölkerungswachstum erreichten im Jahr 1997 -dem Jahr, in dem Bulgarien seine bisher schlimmste wirtschaftliche Krise seit dem Systemwechsel erlebte- ihre negativsten Werte. Dies verdeutlicht, wie stark die demographische von der ökonomischen Entwicklung eines Landes abhängt. Mit dem Systemwechsel wurden in Bulgarien geburtenfördernde Faktoren durch Faktoren ersetzt, von denen negative Einflüsse auf die Familienbildung ausgehen. Das seit den 1960er Jahren vorherrschende "Zwei-Kinder-Familienmodell" entspricht heute nicht mehr den Idealvorstellungen der Bulgaren. Die Anzahl der Frauen, die kinderlos bleiben oder nur ein Kind bekommen möchten, ist deutlich angestiegen. Allerdings besteht berechtigter Zweifel daran, dass die Menschen ihre Entscheidung für bzw. gegen die Gründung einer Familie allein von ihren ökonomischen Lebensbedingungen abhängig machen. Auch in Bulgarien hat sich in den letzten Jahren ein grundlegender gesellschaftlicher Wertewandel bezüglich der Institution Ehe/Familie vollzogen, wie er in den Ländern Westeuropas schon in den Jahrzehnten zuvor zu beobachten war. Als größtes Problem der bulgarischen Gesellschaft stellt sich mehr und mehr der gesellschaftliche Alterungsprozess heraus. Der Anteil junger Menschen nimmt in Bulgarien ab und kann die Reproduktion des Arbeitskräftepotenzials langfristig nicht mehr sichern. Die zunehmende Überalterung der Bevölkerung wird ernste ökonomische, soziale und psychologische Folgen haben und Zündstoff für die Entstehung sozialer Konflikte in sich bergen, da mit einem gesellschaftlichen Alterungsprozess auch höhere Ausgaben für Renten und Pensionszahlungen sowie steigende Kosten im Gesundheitssystem verbunden sind. Vor allem in den dünn besiedelten ländlichen Gebieten stellt die ausreichende Versorgung der älteren Bewohner schon heute ein zunehmendes Problem dar. Aktuelle Bevölkerungsprognosen zeigen besorgniserregende Tendenzen bezüglich der zukünftigen demographischen Entwicklung der bulgarischen Gesellschaft auf. Auch wenn sich die wirtschaftliche Situation im Land -gerade vor dem Hintergrund des geplanten EU-Beitritts– weiter verbessern sollte, so ist nicht davon auszugehen, dass es künftig wieder zu einem deutlichen Anstieg der Geburtenzahlen kommen wird. Einzig durch eine Steigerung der Geburtenzahlen -gefördert durch eine pronatalistische Familienpolitik- kann jedoch ein Weg aus der demographischen Krise erreicht werden. (Autorenreferat)
Inhalt: After the population of Bulgaria reached the record figure of 8,992,000 in 1989, it was expected that the 9 million mark would be crossed in 1990. Instead, 1989 proved to be a turning point in the development of the population in the country. Since then, the population figures have dropped constantly - the numbers were 7.8 million at the end of 2003. The main reason for this development, which should be se en as a "severe demographic crisis", is the general economic and social uncertainty that has arisen from the transformation in the political and economic system, which emerged abruptly and put the population into a state of shock. The current demographic situation in Bulgaria should be seen to be unfavourable due to the persistently low birth rate and the increasingly old age of the population in a European and global comparison. In the event that the tren ds of the last few years persist, Bulgaria would only have a population of between 6.9 and 7.4 million by the year 2020. Whereas the population erosion at the start of the nineties was mainly caused by a wave of emigration on a large scale, the drop in overall population is now in creasingly due to the negative but natural development of the population. The birth a nd death rates and the infant mortality and natural population development reached their most negative values in 1997 - the year in which Bulgaria experienced its to date worst economic crisis since the system change. This emphasises to what large extent the demographic development of a country is dependent on the economic situation. When the system in Bulgaria changed, factors that would promote the birth rate were replaced with other factors from which one can assume that they would have a negative influence on the formation of families. The "two child fam ily model" that has been prevalent since the sixties is no longer the ideal framework for Bulgarians. There has been a clear rise in the number of women who remain without children or who only want one child. However, there are grounds for justified doubt that people base their decision to found a family or not solely on the economic circumstances of their lives. Ov er the last few years, Bulgaria has also experienced fundamental transformation in social values concerning the institutions of marriage and family, as we have also seen in the countries of Western Europe in the decades before. The social ageing process is increasingly the greatest problem facing Bulgarian society. The number of young people in Bulgaria is falling and can no longer guarantee the reproduction of workforce potential in the long term. The increasing age of the populat ion will have serious economic, social and psychological consequences and will create an explosive situation that may produce social conflict, as a rising aver age age of the population is also linked to increasing expenditure on annuities and pensions and rising costs of the healthcare system. Providing sufficient care to the older members of society is an increasing problem, especially in the sparsely popul ated, rural areas. Current population prognoses have revealed worr isome tendencies with regard to the future demographic development of Bulgarian society. Even if the economic situation in the country continues to improve -especially against the backdrop of the planned EU accession-, there is no reason to assume that the future will bring a clear rise in the birth rate. The only way to find a path out of the demographic crisis is to increase the birth rate and to promote this by installing pro-natal family policies. (author's abstract)
Schlagwörter:Bulgarien; Bulgaria; Bevölkerungsentwicklung; population development; Südosteuropa; Southeastern Europe; Altersstruktur; age structure; Migration; migration; ökonomische Entwicklung; economic development (single enterprise); Familie; family; demographische Lage; demographic situation; sozialer Wandel; social change; demographische Alterung; demographic aging; Geburtenentwicklung; birth trend; Lebensbedingungen; living conditions; Familienpolitik; family policy
SSOAR Kategorie:Bevölkerung, Raumplanung und Regionalforschung