Inhalt: Kategorien der Ungleichheit bestimmen das alltägliche Leben. Dabei stehen diese Kategorien aber keineswegs einzeln und isoliert, sondern bedingen und verschränken sich vielmehr gegenseitig. Auch und speziell im Bildungsbereich spielen sozialer Status, Migrationshintergrund, Behinderung oder Geschlecht eine wesentliche Rolle. Hinzu kommen Faktoren wie etwa sexuelle Orientierung, die wesentlich mitbestimmen, welche Bildungschancen der Einzelne hat.
Der vorliegende Band widmet sich eben diesen Überlagerungen und Verschränkungen von Faktoren der Ungleichheit mithilfe des intersektionalen Forschungsansatzes und spannt einen Bogen von theoretischen hin zu literarischen Formen des Zugangs. Dabei arbeiten die AutorInnen sowohl theoretisch als auch handlungsorientiert und geben einem Denken in Alternativen den Vorzug.
Der lange Arm der Bildungsexpansion : Die Bedeutung zunehmender elterlicher Bildungsressourcen für die Bildungsbeteiligung von Frauen in Deutschland
Autor/in:
Ziefle, Andrea
Quelle: Köln Z Soziol (KZfSS Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie), 69 (2017) 1, S 51–77
Inhalt: Die Studie kombiniert Daten des ALLBUS und des Sozio-oekonomischen Panels, um den Beitrag sozialer Herkunftseffekte zur Erklärung des langfristigen historischen Trends der zunehmenden Bildungsbeteiligung von Frauen in Deutschland empirisch abzuschätzen. Für westdeutsche Geburtskohorten können zwei historische Phasen klar unterschieden werden: die Geburtskohorten bis etwa Mitte der 1960er Jahre, in denen sich Bildungschancen von Töchtern weitgehend quer durch alle Schichten erhöht haben und die anschließenden Geburtsjahrgänge, deren steigende Bildungsbeteiligung allein mit der Zunahme elterlicher Ressourcen als sozialstruktureller Kompositionseffekt erklärbar ist. Die steigende Bildungsbeteiligung von Frauen in Ostdeutschland folgt dagegen einem komplexeren Muster, bei dem es in der Gründungsphase der DDR zunächst zu einer allgemeinen Ausweitung der Bildungschancen und einer deutlichen sozialen Öffnung des Bildungssystems kam. In der Spätphase der DDR bewirkte die staatliche Bildungspolitik dagegen eine Stagnation des allgemeinen Bildungsniveaus und einen deutlichen Rückgang der schichtspezifischen Bildungsbeteiligung, der erst durch die Wiedervereinigung beendet wurde. Ähnlich wie in Westdeutschland ist der deutliche Anstieg der weiblichen Bildungsbeteiligung nach der Wiedervereinigung auch in Ostdeutschland weniger eine kollektive, sondern eine stark durch elterliche Ressourcen geprägte Erfahrung. In beiden Teilen Deutschlands spielen insbesondere die gestiegenen Bildungsressourcen von Müttern eine zentrale Rolle für die Zunahme der Bildungsbeteiligung ihrer Töchter.
Mädchen profitieren noch heute von der Bildungsexpansion der Nachkriegszeit. Sie haben höher qualifizierte Mütter als jede Generation zuvor und orientieren sich an ihnen. Zu diesem Ergebnis kommt die Frankfurter Soziologin Andrea Ziefle, die biografische Daten von mehr als 40.000 Frauen der Jahrgänge 1892 bis 1990 statistisch ausgewertet hat. Es zeigt sich, welche enormen Fortschritte Frauen in Sachen Bildung gemacht haben. Vor allem wird aber deutlich, worin die Ursachen liegen.
Ziefle unterscheidet drei mögliche Mechanismen. Erstens die allgemeine Bildungsexpansion: Über alle Schichten hinweg erwerben junge Menschen höhere Bildungsabschlüsse. Zweitens eine soziale Öffnung des Bildungssystems, also mehr Chancengleichheit – die Verhältnisse im Elternhaus spielen eine geringere Rolle. Drittens eine veränderte Zusammensetzung der Elternhaushalte: Das Bildungssystem bleibt zwar sozial selektiv und der Einfluss der Eltern entscheidend; Kinder erwerben aber höhere Abschlüsse, weil immer mehr Eltern über höhere Bildung verfügen.
Letzteres erklärt „etwa ein Drittel des gesamten historischen Anstiegs der Bildungschancen von Frauen in Westdeutschland“, so die Forscherin. Der Effekt der allgemeinen Bildungsexpansion schlägt mit 60 Prozent zu Buche, gestiegene Chancengleichheit nur mit 7 Prozent. Wobei für verschiedene Jahrgänge unterschiedliche Mechanismen dominant waren: Die in den 1950er-Jahren und früher geborenen Frauen profitierten vom „allgemeinen Anstieg der Bildungschancen quer durch alle Schichten“; ihre Töchter entstammen folglich bereits zu einem erheblich größeren Teil bildungsnahen Elternhäusern als die Generation zuvor. Eine besondere Rolle spielen dabei die besseren Abschlüsse der Mütter. Daraus dürfte sich erklären, dass die Bildungsbeteiligung von Mädchen schneller und stärker gestiegen ist, als die der Jungen, so die Forscherin.
Etwas anders verlief die Entwicklung in Ostdeutschland. Hier setzte die breite Bildungsexpansion bereits ein Jahrzehnt früher ein. Allerdings kam es in der Spätphase der DDR zu einer „planwirtschaftlichen Deckelung des Zugangs zu höherer Bildung“. Seit der Wiedervereinigung gibt es keine nennenswerten Unterschiede mehr zwischen den beiden Landesteilen.
Heterogenität - Intersektionalität - Diversity in der Erziehungswissenschaft
Autor/in:
Walgenbach, Katharina
Quelle: Opladen: Budrich (UTB, 8546), 2017, 2. 143 S
Inhalt: Alles Vielfalt, oder was? Katharina Walgenbach schafft Orientierung in der Begriffskonfusion. Heterogenität, Intersektionalität und Diversity sind wichtige Trendthemen der Erziehungswissenschaft. Für das Studium und die Praxis ist es heute zentral, diese pädagogischen Konzepte zu verstehen und die Begriffe richtig verwenden zu können. Was sind die Besonderheiten dieser pädagogischen Konzepte, wie unterscheiden sie sich und von welchen Annahmen gehen sie aus? Katharina Walgenbach schafft Klarheit in der Begriffskonfusion und sorgt für die richtige Anwendung in Studium und pädagogischer Praxis.
Die pädagogischen Konzepte stammen aus unterschiedlichen Teildisziplinen: Heterogenität wird primär in der Schul- und der interkulturellen Pädagogik verhandelt, Intersektionalität in der Geschlechterpädagogik, Diversity insbesondere in der Sozial- und interkulturellen Pädagogik. Walgenbach erläutert nicht nur die Herkunft der pädagogischen Konzepte, sondern gibt auch einen Überblick über aktuellste Debatten und Anwendungsbereiche. (Verlagsangaben)
Schlagwörter:Diversity; Erziehungswissenschaft; Heterogenität; Intersektionalität; Schule
CEWS Kategorie:Bildung und Erziehung
Dokumenttyp:Monographie
Ursache für Frauenmangel in MINT- Berufen? : Mädchen unterschätzen schon in der fünften Klasse ihre Fähigkeiten in Mathematik
Autor/in:
Weinhardt, Felix
Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW); Berlin (DIW Wochenbericht, 45), 2017.
Inhalt: Frauen sind an Universitäten und Fachhochschulen in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) stark unterrepräsentiert. Der vorliegende Bericht geht der Frage nach, inwiefern eine der Ursachen schon im Grundschulalter zu suchen ist. Auf Basis eines für Deutschland repräsentativen Datensatzes des Nationalen Bildungspanels wird untersucht, wie Jungen und Mädchen ihre Fähigkeiten in Mathematik – und im Vergleich dazu im Fach Deutsch – einschätzen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Schüler bereits in der fünften Klasse höhere Kompetenzen in Mathematik zuschreiben als Schülerinnen – in einem Maße, das durch bessere Schulnoten nicht gedeckt ist. Die Unterschiede bestehen über die gesamte Schulzeit bis zur zwölften Klasse fort. Mit Blick auf den bereits heute vielfach beklagten Fachkräftemangel im MINT-Bereich ist das insofern bedeutend, als dass Frauen diese Fächer möglicherweise auch deshalb deutlich seltener studieren als Männer, weil sie ihre mathematischen Fähigkeiten in der frühen Schulzeit zu pessimistisch eingeschätzt und deshalb Präferenzen für andere Fächer, meist Sprachen, entwickelt haben. Um dem entgegenzuwirken, sollten Mädchen bereits in der Grund schule in ihrem Selbstvertrauen mit Blick auf mathematische Fähigkeiten bestärkt werden, beispielsweise durch LehrerInnen und Eltern.
Inhalt: Am 16. Februar 2017 wurde der Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN) 2017 veröffentlicht. Im Mittelpunkt des BuWiN 2017 stehen die Qualifizierung und die Karriereentwicklung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nach dem Hochschulabschluss bis zur Promotion und in der anschließenden Phase weiterer Qualifizierung sowie wissenschaftlicher Tätigkeit bis zum Übergang in eine dauerhafte Beschäftigung auf dem akademischen und nicht-akademischen Arbeitsmarkt. Das Schwerpunktkapitel analysiert das Thema Vereinbarkeit von Familie und akademischer Karriere.
Schlagwörter:Berufsperspektiven; Chancengerechtigkeit; Elternschaft; EU; Familie; Familie-Beruf; Frauenanteil; Hochschulpolitik; Hochschulrecht; Internationalität; Karriereverlauf; Nachwuchsförderung; Promotion; Vereinbarkeit Familie und Beruf; wissenschaftlicher Nachwuchs
CEWS Kategorie:Berufsbiographie und Karriere, Bildung und Erziehung, Wissenschaft als Beruf, Vereinbarkeit Familie-Beruf, Fördermaßnahmen, Berufungsverfahren
Inhalt: Der Sammelband trägt gendertheoretische Perspektiven im Kontext der Lehrer_innenbildung zusammen, indem er queere Impulse setzt: Insbesondere in Bezug auf die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) ist bei der Professionalisierung angehender Lehrer_innen eine verstärkte Auseinandersetzung mit heteronormativen Machtstrukturen und deren Reproduktion gefordert, da dort häufig noch differenztheoretische Ansätze verbreitet sind.
Vor dem Hintergrund geschlechtlicher und sexueller Ungleichheitsverhältnisse und deren Reproduktion in Schule und Unterricht erscheint es notwendig, sich insbesondere in der Lehrer_innenbildung verstärkt mit Gender und Queer-Theory auseinanderzusetzen, da die bisherigen Debatten in den MINT-Fächern zum Teil immer noch auf differenztheoretische Annahmen – über „die Jungen“ und „die Mädchen“ – rekurrieren und damit geschlechtliche Stereotype als auch das heteronormative System der Zweigeschlechtlichkeit tradieren. Ziel ist, dass angehende Lehrer_innen dahingehend qualifiziert werden, dass sie geschlechterstereotype ebenso wie heteronormative Anrufungen und Zuschreibungen reflektieren und eine kritische Perspektive auf jene gesellschaftlichen und pädagogischen Bedingungen entwickeln, die sich negativ auf die geschlechtliche Identitätsbildung sowie die Studien- und Berufswahlentscheidungen junger Menschen auswirken.
Die Publikation stellt zunächst die Bedeutung queerer Theorien für die Pädagogik heraus und zeigt den aktuellen Stand gender- und queersensibler Perspektiven in den MINT-Fachkulturen auf, um Lehrenden der Fächern Anregungen für die weiterführende Auseinandersetzung zu geben. Abschließend werden Einblicke in queere Ansätze pädagogischer Professionalisierung angehender Lehrer_innen gegeben. Der Fokus auf die Lehrer_innenbildung lässt sich damit begründen, dass durch die Multiplikator_innenfunktion der Lehrer_innen in der Schule eine gender- und queerreflektierte Sensibilisierung der Schüler_innen ermöglicht wird, die einen positiven Beitrag zur Bearbeitung und Verschiebung sexueller und geschlechtlicher Machtverhältnisse leisten kann.
Schlagwörter:Lehrer
CEWS Kategorie:Bildung und Erziehung, Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerk
Bildungsgerechtigkeit und Diskriminierungskritik : Historische und aktuelle Perspektiven auf Gesellschaft und Hochschulen
Quelle: Weinheim, Bergstr: Beltz Juventa, 2016, 1. Auflage. 270 Seiten
Inhalt: In historischen und aktuellen Analysen wird in diesem Band in vielen Facetten nachgezeichnet, wie (Bildungs-)Institutionen sich auf den Weg machen, um Ideen von Bildungsgerechtigkeit und entsprechende Verbesserungen anzustreben, jedoch auch wie Menschen in der Gesellschaft und an Hochschulen historisch und gegenwärtig ausgegrenzt und diskriminiert wurden und es nach wie vor werden. Ideen von gesellschaftlicher Fairness und Bildungsgerechtigkeit stehen im Widerspruch zu Diskriminierungspraxen und historischen und aktuellen Theorien und Praxen der Feindlichkeit gegenüber Menschen mit "Behinderungen" und klassen- und geschlechterbezogenen sowie nationalistischen/rassistischen Denkmustern. Mit diesem Buch soll ein breiter Rahmen des Nachdenkens über Möglichkeiten einer "Hochschule für alle" sowie über verschiedene Formen von gesellschaftlicher Diskriminierung, über Ursachen und Hintergründe, jedoch auch über Präventions-, Interventions- und Schutz- sowie Beschwerdemöglichkeiten bereitgestellt werden. Es wird u.a. den Fragen nachgegangen: Welche historischen Theorien und Praxen der Sozialen Arbeit haben an der Ausgrenzung von Menschen mitgewirkt? Wie ist die aktuelle Situation von Studierenden aus sogenannten Drittstaaten, und wie ist allgemein die Situation geflüchteter Personen in Deutschland? Was kann unter Bildungsgerechtigkeit und inklusiver Hochschule verstanden werden? Welche rechtlichen Grundlagen, Strategien und Beschwerdeverfahren gibt es gegen unterschiedliche Formen der Diskriminierung? Wie können sich Studierende gegen Diskriminierung einsetzen? (Quelle: buchhandel.de).
CEWS Kategorie:Bildung und Erziehung, Hochschulen, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerk
Gender und Schule : Geschlechterverhältnisse in Theorie und schulischer Praxis
Herausgeber/in:
Jösting, Sabine; Seemann, Malwine
Quelle: Oldenburg: BIS-Verlag (Oldenburger Beiträge zur Geschlechterforschung), 2016.
Schlagwörter:Schule
CEWS Kategorie:Bildung und Erziehung, Naturwissenschaft und Technik
Dokumenttyp:Sammelwerk
Geschlechtsspezifische Leistungsunterschiede in Abhängigkeit der sozialen Herkunft. Eine Untersuchung zur Interaktion zweier sozialer Kategorien
Autor/in:
Lühe, Josefine; Becker, Michael; Neumann, Marko; Maaz, Kai
Quelle: Z Erziehungswiss (Zeitschrift für Erziehungswissenschaft), 83 (2016) 2, 55 S
Inhalt: Geschlechterdisparitäten im Schulerfolg werden vielfach berichtet. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass diese nicht einheitlich ausfallen, sondern mit der sozialen Herkunft variieren. In der quantitativen Forschung wurde die Annahme einer wechselseitigen Wirkung zwischen Geschlecht und sozialer Herkunft bislang jedoch nur unzureichend untersucht. In der vorliegenden Studie wird anhand einer Stichprobe von N = 3935 Schülerinnen und Schülern der 6. Jahrgangsstufe an Berliner Grundschulen untersucht, ob die Wirkung der Geschlechtszugehörigkeit auf Schulleistungen durch den sozioökonomischen Status (SES) moderiert wird. Die Ergebnisse zeigen, dass der Einfluss der Geschlechtszugehörigkeit auf die Leistungen mit dem SES variiert, wobei unter Jungen ein stärkerer Zusammenhang zwischen SES und Leistung besteht. Damit legen die Ergebnisse eine differenziertere Betrachtung geschlechtsspezifischer Leistungen und die Wichtigkeit der Berücksichtigung multipler Gruppenzugehörigkeiten nahe.
Quelle: Autorengruppe Bildungsberichterstattung; Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag, 2016. 366 S
Inhalt: In der Langzeitbetrachtung des deutschen Bildungssystems führen die Autoren die Analyse bekannter Indikatoren der Studie fort. Schwerpunktthema ist der Einfluss von Migrationserfahrungen auf die Bildungsbiografie. Alle zwei Jahre liefert der Bericht eine Bestandsaufnahme des deutschen Bildungswesens und betrachtet Rahmenbedingungen wie Ausgaben und Anforderungen, Bildungseinrichtungen wie Kita und Schule, berufliche Ausbildung und Hochschulbildung, Weiterbildung im Erwachsenenalter sowie Bildungswirkungen und -erträge.;