Relationale Demokratie: Das verfassungsrechtliche Demokratieprinzip und gerechte Staatlichkeit in Deutschland
Titelübersetzung:Relational Democracy: The Constitutional Principle of Democracy and Fair Statehood
Autor/in:
Röhner, Cara
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 27 (2018) 2, S 40-53
Inhalt: Trotz 100 Jahre Frauenwahlrecht hält die Unterrepräsentation von Frauen in den Parlamenten und anderen staatlichen Institutionen weiterhin an. In der Verfassungswissenschaft wird die Unterrepräsentation von Frauen jedoch nicht zu den relevanten demokratischen Defiziten gezählt, sie bleibt schlicht unerwähnt. Dieser Befund einer De-Thematisierung folgt aus dem individualisierenden Demokratieverständnis des liberalen Repräsentationsmodells. Dieses begreift Staatsbürger*innen als freie und gleiche Rechtssubjekte unabhängig von ihrer sozialen Verortung. Eine solch abstrakt-formale Perspektive bietet jedoch keinen Maßstab für gerechte Staatlichkeit und hat dementsprechend kein Vokabular für die Thematisierung von gesellschaftlichen Achsen der Ungleichheit entwickelt. Dies führt dazu, dass eine individualisierende Interpretation des Demokratieprinzips dominiert, die faire Repräsentation durch gesetzliche Inklusionsmechanismen - Quoten, paritätische Wahlgesetze, Wahlrechtsreformen - als Beeinträchtigung anstatt als Verwirklichung des Demokratieprinzips erscheinen lässt. Dieser herrschenden Perspektive sollen drei relationale Ansätze entgegengesetzt werden: Anne Phillips Politik der Präsenz, Blanca Rodríguez-Ruiz’ und Ruth Rubio-Maríns paritätische Demokratie und Silke Ruth Laskowskis effektive Einflussnahme. Mit diesen lässt sich eine relationale Interpretation des Demokratieprinzips als Basis gerechter Staatlichkeit entwickeln. Diese bietet ein Interpretationsrepertoire, um die politischen Parteien gesetzlich auf eine geschlechtergerechten Nominierung für alle staatlichen, nicht nur die legislativen, Ämter zu verpflichten.
Schlagwörter:Federal Republic of Germany; woman; Politikerin; ; Repräsentation; representation; Parlament; parliament; Demokratie; democracy; Ungleichheit; inequality; Gleichberechtigung; equality of rights; Wahlrecht; suffrage; Verfassungsrecht; constitutional law
SSOAR Kategorie:Staat, staatliche Organisationsformen, Frauen- und Geschlechterforschung
Das Politisierungsparadox: Warum der Rechtspopulismus nicht gegen Entpolitisierung und Ungleichheit hilft
Titelübersetzung:Paradoxes of Politicization: Why Right-wing Populism is No Cure For Inequality and Depoliticization
Autor/in:
Dormal, Michel; Mauer, Heike
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 27 (2018) 1, S 22-34
Inhalt: Der Beitrag kritisiert die bei linken Autorinnen und Autoren beliebte These, der zufolge der Rechtspopulismus trotz seiner problematischen Züge den politischen Möglichkeitsraum erweitere, indem er einen entpolitisierten Liberalismus überwinde und soziale Ungleichheit wieder auf die Agenda setze. Die im Beitrag vertretene Gegenthese lautet, dass der Rechtspopulismus selbst konstitutiv eine spezifische Form der Entpolitisierung und der Naturalisierung von Ungleichheit darstellt. Eine wichtige Dimension dieser Naturalisierung von Ungleichheit stellen die gesellschaftlichen Geschlechterverhältnisse dar. Die Angriffe auf die Demokratisierung der Geschlechterverhältnisse durch den Rechtspopulismus sind keine zufälligen Verirrungen, die dem Phänomen äußerlich wären. Vielmehr offenbart gerade die antifeministische Obsession, dass es dem Rechtspopulismus nicht darum geht, gesellschaftliche Verhältnisse zu politisieren, sondern darum, sie in autoritärer Weise zu stabilisieren. Um den Doppelcharakter zu fassen, der darin liegt, dass der Populismus zwar quantitativ durchaus für eine Mobilisierung vormals politikverdrossener Milieus sorgt, qualitativ aber maßgeblich die Entpolitisierung des Zusammenlebens betreibt, wird der Begriff des Politisierungsparadoxes eingeführt.
Inhalt: In this article, we criticize the idea put forward by many left-wing theorists, according to which right-wing populism, despite having wrong political ideals, helps to repoliticize inequalities and to bring back class issues onto the political agenda. We argue instead that right-wing populism itself constitutes a specific form of depoliticization and naturalization of social inequalities. To substantiate this claim, the article examines the attacks mounted by right-wing populists against the democratization of gender relations. The obsession of right-wing movements and parties with an antifeminist political agenda clearly reveals that right-wing populism is not working towards a real politicization of inequalities but rather an authoritarian stabilization of social relations.
Schlagwörter:Populismus; populism; politische Rechte; political right; Politisierung; politicization; Ungleichheit; inequality; Demokratie; democracy; Geschlechterverhältnis; gender relations
SSOAR Kategorie:politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur, Allgemeines, spezielle Theorien und Schulen, Methoden, Entwicklung und Geschichte der Politikwissenschaft