Inhalt: Judith Butler zufolge rührt der "gender trouble" daher, dass die Gleichstellungserwartungen und -hoffnungen von Frauen bis heute enttäuscht werden. Der vorliegende Beitrag zeigt, warum es zum gender trouble kommt - welche Mechanismen die Gleichstellung der Geschlechter im beruflichen Bereich behindern. Dabei wird von der These ausgegangen, dass Konkurrenz zwischen Frauen und Männern im beruflichen Sektor historisch betrachtet eine relativ neue Erscheinung ist. Denn erst in der Gegenwart sind die Geschlechter in einen Wettbewerb um dieselben Positionen eingetreten. An diese Behauptung schließt sich die Frage an, warum der gender trouble geblieben ist, warum die behauptete Konkurrenz der Geschlechter scheinbar kaum Niederschlag in statistischen Zahlen findet. Für die Autorin ist hier ein "Konkurrenzunterbrecher" verantwortlich, der Frauen aus dem Wettbewerb exkludiert. Als diesen Unterbrecher wird "gendering" identifiziert, die stereotype Vergeschlechtlichung von Individuen und beruflichen Tätigkeitsfeldern. Gendering nützt männlichen Bewerbern, da es ihnen - zumindest die weibliche - Konkurrenz vom Halse hält. Es ist aber kein Mechanismus, welcher der formalen Ebene von Organisationen zuzurechnen ist. Vielmehr wird er in Netzwerken wirksam, die für die Karriereentwicklung zwar äußerst relevant sind, aber informell operieren. Die Argumentation wird mittels der Systemtheorie von Niklas Luhmann entwickelt und am Fall des "glass ceiling phaenomenon" veranschaulicht. (ICA2)
CEWS Kategorie:Geschlechterverhältnis, Netzwerke und Organisationen
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Die longue duree von Frauen in der Wissenschaft : Orte, Organisationen, Anerkennung
Titelübersetzung:The long duration of women in science : locations, organizations, recognition
Autor/in:
Wobbe, Theresa
Quelle: Frauen in Akademie und Wissenschaft: Arbeitsorte und Forschungspraktiken 1700-2000. Theresa Wobbe (Hrsg.). Berlin: Akademie Verl. (Forschungsberichte / Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Interdisziplinäre Arbeitsgruppen), 2002, S. 1-28
Inhalt: Die Autorin gibt eine Einleitung in die Thematik des vorliegenden Sammelbandes, welche sich mit ausgewählten historischen Sequenzen der Umbrüche in der Wissenschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts befasst. In den einzelnen Beiträgen wird die Frage diskutiert, in welchem Wechselverhältnis Veränderungen der Wissenschaft und Verschiebungen in der Geschlechterordnung historisch zueinander stehen. Den gemeinsamen Bezugsrahmen bildet hierbei die besondere Arbeitsweise der Wissenschaft und ihre Organisation im Hinblick auf die Geschlechter, d.h. die Frage, bis zu welchem Grad das praktische Forschungshandeln mit dem Arrangement der Geschlechter verschränkt ist. Die Beiträge nehmen zudem Anregungen der neueren Akademiegeschichte auf, die den Funktionswandel der Akademie in Beziehung zur Veränderung des Wissenschaftssystems setzt. Der problemorientierte Ansatz öffnet den Blick auf die Schnittmenge von Geschlechter- und Wissenschaftsforschung und erweitert die Perspektive von der Akademie auf das Wissenschaftssystem und somit auf den gesellschaftlichen Kontext. (ICI2)
CEWS Kategorie:Geschlechterverhältnis, Wissenschaft als Beruf
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Subversiver Anspruch und Normalisierungsrealität : über Ziele, Wege und Perspektiven der Frauen- und Geschlechterforschung
Titelübersetzung:Subversive claim and normalization reality : objectives, methods and prospects in women's studies and gender studies
Autor/in:
Gravenhorst, Lerke
Quelle: Zwischen Emanzipationsvision und Gesellschaftskritik: (Re)Konstruktion der Geschlechterordnung in Frauenforschung - Frauenbewegung - Frauenpolitik. Ursula Hornung (Hrsg.), Sedef Gümen (Hrsg.), Sabine Weilandt (Hrsg.). Münster: Verl. Westfäl. Dampfboot (Forum Frauenforschung : Schriftenreihe der Sektion Frauenforschung in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie), 2001, S. 96-102
Inhalt: Die Sektion "Frauenforschung" in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie hat seit ihren Anfängen im Jahre 1979 subversive Ansprüche an die Wissenschaftspraxis gestellt und sich für eine stärkere Institutionalisierung der Frauenforschung eingesetzt. Die Autorin wirft in ihrem Diskussionsbeitrag die Frage auf, was die Begriffe "subversiv" und "politisch" in der Vergangenheit bedeuteten und inwieweit diese Ansprüche nach 20 Jahren und angesichts der Normalisierungsprozesse überhaupt noch aufrechtzuerhalten sind. Aus der Perspektive einer Mitbegründerin der Sektion gibt sie Einblicke in die Entstehung der Frauenforschung und skizziert die heutige Thematisierung der Kategorie "Geschlecht". Sie beschreibt das selbstgeschaffene Dilemma zwischen einer institutionalisierten Eigenständigkeit von Frauen- und Geschlechterforschung und einem deutlichen Resonanzmangel durch Ghettoisierung. In Bezug auf eine Binnendifferenzierung der Frauen- und Geschlechterforschung weist sie auf die Generationenkonflikte der unterschiedlichen Themen und Theorien hin und betont abschließend die nach wie vor bleibende und notwendige Gratwanderung zwischen "Subversion" und "Normalisierung". (ICI)
Schöner neuer Raum: über Virtualisierung und Geschlechterordnung
Autor/in:
Sturm, Gabriele
Quelle: Zukunfts(t)räume: Geschlechterverhältnisse im Globalisierungsprozess. Königstein/Ts., 2001, S 57-79
Inhalt: Der Beitrag gehört innerhalb des Buches zum thematischen Schwerpunkt "RaumZeit" - der zugleich einer der drei transdisziplinären Arbeitsbereiche des "Zentrums für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung" an der Philipps-Universität Marburg ist. Nachdem die Autorin in ihrem Beitrag zunächst ausführt, was unter Virtueller Realität und virtuellem Raum in der neu entstehenden Informationsgesellschaft derzeit verstanden wird, stellt sie ein methodologisches RaumZeit-Modell als Analyseraster vor, in dem sie die diskutierten Raumkonstituen einer Virtuellen Gesellschaft einordnet. Sodann werden für den europäischen Kulturraum verschiedene Geschlechterkonstruktionen in ihrer historischen Abfolge hin zu einer modernen Geschlechterpolarität mit geschlechtlicher und räumlicher Arbeitsteilung und gestützt durch ein bürgerliches Identitätskonzept dargestellt. So kann schließlich ein Szenario über die sich aktuell entwickelnde Geschlechterzuordnung in einer quasi gedoppelten Realität aus realem und virtuellem Raum formuliert werden.
Quelle: Gender-Studien: eine Einführung. Christina von Braun (Hrsg.), Inge Stephan (Hrsg.). Stuttgart: Metzler, 2000, S. 300-312
Inhalt: Der Beitrag untersucht den Zusammenhang zwischen Medien und Gender, wobei der Begriff Medium im weitesten Sinne benutzt wird. Er bezieht sich auf die Schrift und den Buchdruck ebenso wie auf Bild- und Tonträger, Zahlen- und Notationssysteme und digitale Techniken. Einen besonderen Schwerpunkt der Betrachtung bildet die Filmtheorie, die den feministischen Medientheorien die wichtigsten Anstöße gab. Am Beispiel der empirisch orientierten Medienforschung und der materialistisch orientierten Medientheorie wird untersucht, wie die Analysekategorie Gender in die bisherige Medienwissenschaft eingegangen ist, bis hin zur Entwicklung einer feministischen Filmtheorie, die untersucht, wie Medien ihrerseits Geschlechterbilder produzieren. Den Abschluß bilden Gedanken zum weiblichen Körper als Medium und zu Körper und Geschlecht im Zusammenhang mit den elektronischen Medien. (ICH)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Sexualwissenschaft
Titelübersetzung:Sexology
Autor/in:
Schmidt, Gunter
Quelle: Gender-Studien: eine Einführung. Christina von Braun (Hrsg.), Inge Stephan (Hrsg.). Stuttgart: Metzler, 2000, S. 180-192
Inhalt: Der Beitrag zeigt an vier prominenten Themen der Sexualwissenschaft - Homosexualität, Intersexualität, Transsexualität und Heterosexualität - auf, dass Sexualwissenschaft immer auch Geschlechterforschung gewesen ist. Dies wird ganz offensichtlich dort, wo in der Sexualität nur ein Geschlecht vorkommt, in der Homosexualität. Eine historische Betrachtung von Schriften zur männlichen Homosexualität verdeutlicht, wie sehr Theorien über Homosexualität in eine allgemeine Geschlechtertheorie über Männlichkeit und Weiblichkeit eingebettet waren. Die Verschränkung von Sexual- und Geschlechterforschung lässt sich auch anhand der Themen Intersexualität und Transsexualität demonstrieren, denn Sexualforscher schufen lange vor den Sozialwissenschaftlern konstruktivistische Theorien des Geschlechts. Anders als bei diesen Sexual- und Geschlechterformen führt das Thema Heterosexualität unausweichlich zu der Frage des gesellschaftlichen Status der Geschlechter und zur Auswirkung dieses Status auf die Sexualität von und zwischen Mann und Frau. Im Gegensatz zu kulturwissenschaftlichen und soziologischen Ansätzen hat sich die Sexualwissenschaft dem Thema eher konkret-empirisch und theoretisch eher robust zugewandt. Sie kann daher als ältester Zweig der modernen Geschlechterforschung angesehen werden. (ICH)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Informatik
Titelübersetzung:Computer science
Autor/in:
Schelhowe, Heidi
Quelle: Gender-Studien: eine Einführung. Christina von Braun (Hrsg.), Inge Stephan (Hrsg.). Stuttgart: Metzler, 2000, S. 207-216
Inhalt: Der Beitrag beleuchtet das Thema Frauen und Technik und die Entwicklung des Zugangs von Frauen und Mädchen zur Informatik und Computertechnologie. Besonderer Schwerpunkt ist dabei der Beitrag der Geschlechterforschung für die Informatik. Da die Veränderungen, die durch Informationstechnologie bewirkt wurden, sich zu einem großen Teil in der Erwerbsarbeit zeigen, ist die Gestaltung von Arbeit und von Software mit Blick auf Frauenarbeitsplätze ein zentrales Anliegen der Frauenforschung. Die Neuorganisation betrieblicher Strukturen soll dazu genutzt werden, geschlechtsspezifische Arbeitsteilungen zu reduzieren und Frauen eine Höherqualifizierung zu ermöglichen. Neben den Ursachen für den schwierigen Zugang von Mädchen und Frauen zu technologischer Kompetenz untersucht Geschlechterforschung, ob sich in Konzepten von Software geschlechtsspezifische Sichtweisen festschreiben, und versucht durch konstruktive Vorschläge, Software so zu gestalten, dass sie beiden Geschlechtern in gleicher Weise nützen kann. (ICH)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Naturwissenschaft und Technik
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Naturwissenschaften
Titelübersetzung:Natural sciences
Autor/in:
Scheich, Elvira
Quelle: Gender-Studien: eine Einführung. Christina von Braun (Hrsg.), Inge Stephan (Hrsg.). Stuttgart: Metzler, 2000, S. 193-206
Inhalt: Die Rolle der Naturwissenschaft in der Frauen- und Geschlechterforschung ist eng mit der Unterscheidung von biologischem und sozialem Geschlecht verbunden. Auf dem Hintergrund der Tatsache, dass die Diskussionen über sex und gender einen Komplex von Fragen eröffnen, bei denen die Naturwissenschaften gerade unter den modernen Lebensbedingungen eine erhebliche Rolle spielen, geht der Beitrag den komplizierten und verzweigten Wechselwirkungen von Wissensformen und Wissensproduktion nach. Standpunkte und Diskussionen in der bisherigen Forschung zum Zusammenhang von Geschlecht und Naturwissenschaft werden entlang der Leitthemen Körper, Objektivität und Natur umrissen. Sie bilden zugleich die Markierungspunkte, an denen sich erste Ansätze zur Institutionalisierung und disziplinären Verankerung der neuen Forschungsrichtungen aufzeigen lassen. (ICH)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Naturwissenschaft und Technik
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Psychoanalyse
Titelübersetzung:Psychoanalysis
Autor/in:
Flaake, Karin
Quelle: Gender-Studien: eine Einführung. Christina von Braun (Hrsg.), Inge Stephan (Hrsg.). Stuttgart: Metzler, 2000, S. 169-179
Inhalt: Der Beitrag untersucht, welche Charakteristika psychoanalytischen Denkens für eine mögliche Geschlechterperspektive in der Psychoanalyse von Bedeutung sind. Dabei wird eine historische Betrachtung der wichtigsten Ansätze vorgenommen, nämlich der zentralen feministischen Reformulierungen von psychoanalytischen theoretischen Ansätzen aus frauenbezogener Perspektive, der zwischen den 70er und 90er Jahren vorherrschenden differenztheoretischen Ansätze sowie der dekonstruktivistischen Sichtweisen zu Beginn der 90er Jahre. Aktuelle Schwerpunkte psychoanalytischer Forschungen unter der Geschlechterperspektive beziehen sich seit den 90er Jahren überwiegend auf Frauen, bzw. auf Probleme und Themen im Zusammenhang mit der Entwicklung von Mädchen und der Mutter-Tochter-Beziehung, u.a. auf bisher vernachlässigte Dimensionen der weiblichen Aggression und auf lebensgeschichtliche Phasen der Mädchenentwicklung. Abschließende Bemerkungen widmen sich der Institutionalisierung von Genderforschung in der Psychoanalyse. (ICH)
Quelle: Gender-Studien: eine Einführung. Christina von Braun (Hrsg.), Inge Stephan (Hrsg.). Stuttgart: Metzler, 2000, S. 155-168
Inhalt: Nach einer kurzen historischen Skizze zur Entwicklung feministischer Ansätze der Rechtskritik gibt der Beitrag einen Überblick über wichtige Themen und Fragestellungen, die im Zusammenhang mit feministischer Rechtskritik in Deutschland, Europa und den USA entstehen. Dabei werden auch die Zusammenhänge von feministischer Rechtswissenschaft mit anderen Disziplinen und mit politischen Praxen der Frauenbewegungen aufgezeigt. Desweiteren lassen sich Hinweise darauf geben, wie sich die Entwicklung von Frauen- zu Geschlechterstudien auf die Wende von Frauen- zu Geschlechterfragen im Recht in der sozialen Lebenswirklichkeit auswirken kann. Von Bedeutung ist hier insbesondere, dass theoretische Fragestellungen über den Moment des juristischen Entscheidens regelmäßig unmittelbar mit ganz praktischen, sozialen und politischen Wirklichkeiten verknüpft werden. (ICH)