Widersprüche zwischen der europäischen Makroökonomie und Gender Mainstreaming : unüberwindbare Widersprüche?
Titelübersetzung:Contradictions between the European macroeconomy and gender mainstreaming : insurmountable contradictions?
Autor/in:
Young, Brigitte
Quelle: Die Gleichstellungspolitik in der Europäischen Union. Annette Jünemann (Hrsg.), Carmen Klement (Hrsg.). Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges. (Schriftenreihe des Arbeitskreises Europäische Integration), 2005, S. 27-45
Inhalt: Der Beitrag zur Gleichstellungspolitik in der EU fragt nach der widersprüchlichen Zielsetzung der EU im Zuge der geschlechtsspezifischen Policy-Expansion: einer beschäftigungspolitischen Priorität der Gleichstellung und Chancengleichheit von Frauen und Männern bei gleichzeitigen austeritätspolitischen Vorgaben im Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion, die den fiskalpolitischen Handlungskorridor der Nationalstaaten einschränkt und der Bewältigung der hohen Arbeitslosigkeit in den EU-Mitgliedsstaaten entgegenwirkt. Die Analyse der europäischen Integration als einem 'disziplinierenden neoliberalen' Governance-System ist verbunden mit der These, dass sich die EU zwar in wachsendem Maße mit Gleichstellung und Chancengleichheit befasst, die tatsächlichen geschlechtsspezifischen Maßnahmen aber gleichzeitig mit dem politischen Projekt der neoliberalen marktförmigen Integration erfolgen bzw. von dieser stark konterkariert werden. Des Weiteren wird in den Ausführungen das Gender Mainstreaming-Konzept hinsichtlich seines gleichstellungspolitischen Ziels daraufhin hinterfragt, ob das Konzept, wie der Ansatz verspricht, der derzeitigen Situation von sozial schwachen Frauen (besonders Frauen in den osteuropäischen Beitrittsländern und Migrantinnen), die auf dem formalen Arbeitsmarkt keine Chance haben, eine Beschäftigung zu finden und die in die informelle Ökonomie oder Teilzeitarbeit verdrängt werden, gerecht werden kann. Die Kritik setzt bei der Hierachisierung unterschiedlicher Politikfelder in high und low policies an. Selbst bei konsequenter Umsetzung, so die Annahme der Autorin, werden die vom acquis communitaire ausgehenden positiven Impulse durch die makroökonomischen Restriktionen einer zunehmend neoliberalen Wirtschaftspolitik konterkariert. Weil die Makroökonomie, allen Gender Mainstreaming-Postulaten zum Trotz, noch immer geschlechterblind ist, verpuffen geschlechtersensible Regelungen in low policy-Bereichen wie der Sozial- oder Beschäftigungspolitik weitgehend wirkungslos. Die Frage, wie der Ansatz des Gender Mainstreaming den derzeitigen neoliberalen wirtschaftspolitischen Gegebenheiten Rechnung tragen kann, kann nach Ansicht der Autorin nur beantwortet werden, indem die Genderpolitik mit der Betonung auf Chancengleichheit von Frauen und Männern in allen Politikbereichen mit dem Ansatz der feministischen Makroökonomie verbunden wird. (ICG2)
Quelle: Wissenstransform: Wissensmanagement in gleichstellungsorientierten Netzwerken. Sylke Ernst (Hrsg.), Jasmin Warwas (Hrsg.), Edit Kirsch-Auwärter (Hrsg.). Münster: Lit Verl. (Focus Gender), 2005, S. 23-39
Inhalt: "Gender Mainstreaming besteht in der (Re-)Organisation, Verbesserung, Entwicklung und Evaluation von Entscheidungsprozessen in allen Politikbereichen und Arbeitsbereichen einer Organisation, in unserem Fall: der Universität. Ziel ist, in alle Entscheidungsprozesse die Perspektive des Geschlechterverhältnisses einzubeziehen und auf die Gleichstellung von Frauen und Männern hinzuwirken. Gender Mainstreaming ist ein politisches Steuerungsinstrument der Organisationsentwicklung in Universitäten. Die Optimierung der institutionellen Strukturen und der personellen Ressourcen mit dem Ziel der Geschlechtergerechtigkeit wird durch Maßnahmen des Gender Mainstreaming vorangetrieben. In der Universität Augsburg wird ein Bündel von Maßnahmen, die untereinander abgestimmt sind, umgesetzt, erprobt und auf ihre Wirksamkeit hin evaluiert. Die Bandbreite reicht von Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Sinne der 'Familienfreundlichen Hochschule' bis hin zu ökonomischen Anreizsystemen. Das Augsburger Konzept wird in Kooperation zwischen Universitätsleitung und Frauenbeauftragten umgesetzt. Der Prozess und die Effekte des Gender-Mainstreaming-Projekts werden in einer 'Partizipativen Evaluation' durch geeignete Instrumente analysiert. Evaluation als wissenschaftliche Tätigkeit sammelt Daten, wertet sie aus und interpretiert sie anhand bestimmter Kriterien. Durch Evaluation wird Wissen generiert, strukturiert und kommuniziert: Evaluation ist Wissensmanagement. Im Kontext von Gender Mainstreaming bedeutet Evaluation nicht zuletzt, dass die Sammlung und Interpretation der auf unterschiedlichen Wegen gewonnenen Daten auch eine Optimierung der organisationsspezifischen Regeln und Verfahrensweisen auf das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit hin möglich macht. Eine neue Wissenskultur wird geschaffen, in der die Perspektive der Frauen in der Wissenschaft in jeder Hinsicht Geltung erlangt." (Autorenreferat)
CEWS Kategorie:Gleichstellungspolitik, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Gleichstellungspolitik und Geschlechterwissen - Facetten schwieriger Vermittlungen
Titelübersetzung:Equal opportunity policy and gender knowledge - facets of difficult communications
Autor/in:
Wetterer, Angelika
Quelle: Was ist weiblich - was ist männlich?: Aktuelles zur Geschlechterforschung in den Sozialwissenschaften. Ulrike Vogel (Hrsg.). Bielefeld: Kleine (Wissenschaftliche Reihe), 2005, S. 48-70
Inhalt: Der Beitrag wendet sich einer Fragestellung zu, die die Geschlechterforschung sowie die Frauen- bzw. Geschlechterpolitik berührt: Es geht unter dem Thema 'Gleichstellungspolitik und Geschlechterwissen' um eine Kritik an einem Gender Mainstreaming, das von der Annahme zweier konventionell definierter Geschlechter ausgeht, um diese dann gleichzustellen. Entscheidend ist dabei, was z.B. in Gender-Trainings vermittelt wird: Inwieweit wird Geschlechterwissen auch aus konstruktivistischer Perspektive übernommen? Wird die soziale Konstruktion von Geschlecht mit ihren Ungleichzeitigkeiten, Brüchen und Aufweichungen von Stereotypen deutlich? Die Beantwortung gliedert sich in folgende Punkte: (1) die Entwicklung von der Frauenförderung zur Gleichstellungspolitik seit den 1980er Jahren, (2) Gender Mainstreaming und New Public Management, (3) die Entwicklungen feministischer Theorie von Konstruktion, Dekonstruktion und Degendering sowie (4) das alltagsweltliche Geschlechterwissen. Nach Ansicht der Autorin braucht die Gleichstellungspolitik, ob sie nun Gender Mainstreaming heißt oder nicht, mehr als immer ausgefeiltere Verfahren des Gender-Proofing oder des Gender Impact Assessment. Sie braucht mittel- bis langfristige Perspektiven, die jenseits der ökonomischen Rationalitätskalküle des New Public Management liegen. Sie braucht ein analytisches Instrumentarium, das es ihr erlaubt, die Prozesse zu identifizieren und aufzuschlüsseln, die Frauen und Männer fortgesetzt zu verschiedenen und ungleichen Gesellschaftsmitgliedern machen. (ICG2)
CEWS Kategorie:Gleichstellungspolitik, Frauen- und Geschlechterforschung
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Geschlechterpolitik in Europa : supranationale Gestaltungsimpulse und mitgliedstaatliche Systemtraditionen
Titelübersetzung:Gender policy in Europe : supranational organizational impetus and system traditions in EU member states
Autor/in:
Fuhrmann, Nora
Quelle: Die EU - eine politische Gemeinschaft im Werden. Ingeborg Tömmel (Hrsg.), Chryssoula Kambas (Hrsg.), Patricia Bauer (Hrsg.). Opladen: Leske u. Budrich (Forschungen zur Europäischen Integration), 2002, S. 95-103
Inhalt: Die Autorin geht in ihrem Beitrag der Frage nach, in welcher Weise die europäische und die nationale Politik- und Verwaltungsebene im Bereich der Geschlechterpolitik aufeinander einwirken. Während sich auf europäischer Ebene seit dem Amsterdamer Vertrag mit dem Leitbild des "Gender Mainstreaming" eine vergleichsweise progressive und enthierarchisierende Geschlechterpolitik durchsetzen konnte, verharren nach ihrer Einschätzung die meisten Mitgliedstaaten mit Ausnahme der skandinavischen Länder nach wie vor auf dem Niveau einer hierarchisierenden Geschlechterpolitik. Die Autorin schließt daraus, dass der Unterschied zwischen europäischer und nationaler Politik offenbar nicht ausreicht, um einen verstärkten Anpassungsdruck oder Veränderungen auf der nationalen Ebene zu erzeugen. Als Erklärung für die progressive Politik der EU können die offeneren Entscheidungsverfahren und die herausgehobenere Rolle, die Frauen dabei spielen, sowie die schwache Verrechtlichung einzelner Politikfelder genannt werden. Demgegenüber können die starken Beharrungstendenzen in den meisten Mitgliedstaaten der EU den tief verankerten sozialstaatlichen und bürgerrechtlichen Traditionen und den damit verbundenen spezifischen Hierarchien und Rollenmustern zwischen Männern und Frauen zugeschrieben werden, wie die Autorin in ihrem kurzem Überblick über die Geschlechterordnungen in den EU-Mitgliedsländern zeigt. (ICI2)