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Ausgrenzende Rhetorik gleich welcher politischen Partei erhöht die Stimmen für rechtsextreme Parteien


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Durch den Gebrauch nationalistischer, einwanderungsfeindlicher Rhetorik erhöhen die etablierten Parteien unbeabsichtigt die Wahlchancen rechtsextremer Parteien, so das Ergebnis neuer Untersuchungen.

Der Aufstieg rechtspopulistischer Parteien in Europa veranlasst einige etablierte Parteien dazu, die Unterstützung der Wähler*innen durch rechtsextreme, pro-nationalistische und einwanderungsfeindliche Positionen zurückgewinnen zu wollen. Neue Forschungsergebnisse aus Deutschland und Israel deuten jedoch darauf hin, dass diese Strategie in erster Linie den rechtsextremen Parteien nützt, nicht aber der politischen Mitte.

Antonia C. May vom GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften und Dr. Christian S. Czymara von der Universität Tel Aviv und der Goethe-Universität in Frankfurt haben Umfragedaten von im Land geborenen Einwohner*innen in 26 europäischen Ländern zwischen 1995 und 2017 mit Daten aus Parteiprogrammen kombiniert. Ihre Analyse zeigt, dass, obwohl 53 % der europäischen Befragten im untersuchten Zeitraum enge Vorstellungen von nationaler Identität hatten, nur 7 % von ihnen angaben, eine rechtsextreme Partei zu bevorzugen. Wenn jedoch politisch Verantwortliche in allen Parteien eine ausgrenzende Rhetorik verwendeten, stieg die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Wähler*innen rechtsextremen Parteien zuwandten, signifikant an, insbesondere bei denjenigen, die eine enge Vorstellung von nationaler Identität vertraten. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass derart ausgrenzende Diskurse der politischen Eliten Personen mit nationalistischen Konzepten zum Handeln bewegen.

May und Czymara testeten ihre Hypothese, indem sie den Anteil der pro-nationalen und anti-migrantischen Positionen in den Wahlprogrammen aller großen Parteien bei jeder Wahl, die im Untersuchungszeitraum stattgefunden hat, berechneten. Unter Berücksichtigung weiterer relevanter Aspekte, wie z. B. der nationalen Einwanderungsrate oder der Arbeitslosenquote in den jeweiligen Ländern, kommen die Autor*innen zu dem Ergebnis, dass Wähler*innen, die eine ausgrenzende Linie der europäischen politischen Eliten - gleich welcher Partei - befürworten, eine deutlich stärkere Präferenz für eine rechtsextreme Partei zum Ausdruck bringen, als wenn eine solche Rhetorik nicht verbreitet ist. Ihre Analysen zeigen, dass sowohl die Vorstellungen der Wähler*innen darüber, wer als Landsmann bzw. -frau zählt, als auch die Rhetorik der politischen Eliten, rechtsextremen Wahlpräferenzen in Europa Vorschub leisten, insbesondere dann, wenn beide Aspekte zusammenwirken.

Ansprechpartnerin bei GESIS:

Dr. Sophie Zervos
Pressesprecherin
sophie.zervos@gesis.org